Buchkritik -- Franz Winter -- Die Schwierigen

Umschlagfoto, Buchkritik, Franz Winter, Die Schwierigen , InKulturA "Das geht immer so weiter, immer und ewig! Was soll da schon groß passieren?" Diese apodiktisch anmutende Bemerkung lässt Franz Winter gleich zu Anfang seines Romans „Die Schwierigen“ von der Komtesse Crescence tätigen und sie ist gleichzeitig das Synonym für den Tunnelblick, den die feine Gesellschaft Österreichs in den Jahren vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs kennzeichnete.

Strikt getrennt von den Alltäglichkeiten, von den Nöten und Sorgen des bürgerlichen und ländlichen Milieus, führen die großen Familien, die Aristokraten der alpenländischen k. u. k. Monarchie eine Existenz, die ausschließlich um sich selbst, ihre Intrigen, ihre eigenen Regeln, ihre überkommenen Ehrvorstellungen und ihrem politischen Desinteresse kreist, und sich damit letztendlich selber abschaffen wird.

Sie können und wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt um sie herum dramatisch verändert, weil sie in einem statischen Kosmos gefangen sind, der die immer gleichen Abläufe perpetuiert. Soireen, Bälle, standesgemäße Verheiratungen der Töchter und immer wieder der sog. "gute Ruf" des Familiennamens stehen im Mittelpunkt.

Es ist eine in sich ruhende und um sich selber kreisende Welt, die Franz Winter immer mit einer, den Leser jedoch niemals ermüdenden akribischer Detailversessenheit beschreibt, die sowohl aus Schilderungen von Kindheitserlebnissen und Liebesaffären, aber auch von Feigheit angesichts angehäufter Spielschulden besteht.

Es ist eine Glitzerwelt, die Winter in seinem Buch beschreibt. Fern von der gesellschaftlichen und politischen Realität leben die großen Familien unbekümmert von der sich abzeichnenden Katastrophe. Zwischen den Jahren 1889 und 1919 lässt der Autor ein Panorama Revue passieren, das, wer mit dessen Werk vertraut ist, weiß um seine Sprachmächtigkeit, mit Winter`scher Akribie und Einfühlungsvermögen Episoden im Leben seiner Figuren nicht nur schildert, sondern auf eine Weise literarisch komponiert, dass der Leser gar nicht anders kann, als sich in einer Welt wiederzufinden, die, obwohl dem Untergang geweiht, nichtsdestotrotz faszinierend und verlockend erscheint.




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Veröffentlicht am 12.November 2017