Buchkritik -- Matthias Keidtel -- Ein Mann wie Holm

Umschlagfoto  --  Matthias Keidtel  --  Ein Mann wie Holm Kann es normal sein, wenn ein Mann mit siebenunddreißig Jahren bei seiner Tante lebt, zudem keine Arbeit hat und auch noch nie eine Freundin hatte? Für Holm, den komischen Helden und modernen Parzival in Matthias Keidtels Buch Ein Mann wie Holm ist es jedenfalls nicht ungewöhnlich. Sein Leben ist nach scheinbar festen Abläufen und Prinzipien geordnet. Gewiß ist der Protagonist nicht unbedingt ein Mensch der Abenteuer liebt, doch zumindest er selber findet sein Leben in Ordnung.

Eines Tages jedoch gerät sein Leben aus den Fugen. Auf Initiative seiner Tante lernt er eine Frau kennen und fortan ist nichts mehr so wie es einmal gewesen ist. Er, der bisher einem eher langweiligen Tempo folgte, wird mit der Realität konfrontiert und die heißt "gebärwillige Frau". Keidtel erzählt uns diese Geschichte mit Witz und Tempo. Sein Anti-Held Holm, bis dato dem Leben eher reserviert gegenüberstehend, wird auf einmal in die Turbulenzen einer Beziehung geworfen, denen er nicht viel entgegensetzen hat. So verwundert es auch nicht, daß seine Partnerin Ulrike das Szepter übernimmt. Holm kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Gemeinsame Ausflüge, Besuche bei der Ulrikes Familie, all das ist Neuland für Holm. Der Autor schildert uns sehr plastisch die Schrecken eines Sonntagsbesuchs bei Ulrikes Familie. Die Gestalten sind zum Abgewöhnen gut beschrieben und dabei doch so erschreckend normal. Keidtel schafft es, trotz allem Witz und Tempo, dem Leser die Fallstricke einer Beziehung zu verdeutlichen. Oft trifft der vordergründige Witz genau in die Abgründe der Normalität.

Diese Schrecknisse des Alltags, glänzend beschrieben auch in Holms erstem Besuch einer Diskothek, bringt der Autor genußvoll auf den Punkt. Unter all den vorgestellten Figuren ist Holm der einzig normale. Alle anderen sind Marionetten ihres eigenen Mittelmaßes und leben so, wie "man halt lebt".

Doch auch Holm wird von der Realität eingeholt. In einer schwachen Sekunde, so Keidtel, "schuf die Natur Fakten", soll wohl heißen, Holm wird Vater. Der Leser wir sich freuen, denn er erfährt bestimmt in einem der nächsten Bücher, wie es weitergeht mit dem Anti-Held Holm, der doch in Wirklichkeit das einzige Individuum dieses Romans ist.




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