Buchkritik -- Karl Pilny -- Japan Inc.

Umschlagfoto  -- Japan nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Das Land befindet sich in einer Krise und wird seit Jahren von China und Korea wirtschaftlich überholt. Aus diesem Gefühl der Unterlegenheit gegenüber den ehemaligen Kriegsgegnern erwächst ein neuer und gefährlicher Nationalismus, der die ganze Welt bedroht. Die Situation scheint zu eskalieren, als im Shanghai World Financial Center während eines Empfanges über 300 Menschen von chinesischen Studenten als Geiseln genommen werden. Der Hintergrund dieser Aktion liegt in den bis heute ungesühnten Kriegsverbrechen Japans während des Massakers von Nanking im Jahr 1937 und im Zweiten Weltkrieg.

Karl Pilny, ein ausgewiesener Kenner des asiatischen Raums und Anwalt für Wirtschaftsrecht, hat mit Japan Inc. seinen ersten Roman veröffentlicht. Dieser Politthriller beschreibt spannend und hochaktuell die Verflechtungen eines japanischen Netzwerks, bestehend aus den Interessen von Wirtschaftsführern, hochrangigen Militärs und der allgegenwärtigen Yakuza, der japanischen Verbrecherorganisation.

Schnell wird klar, dass hinter der Geiselnahme von Shanghai andere Ziele und Interessengruppen stecken, als es den Anschein hat. In den folgenden Strudel der dramatischen Ereignisse wird wider Willen der Anwalt Jeremy Gouldens hineingerissen. Bereits vor Jahren war er der Rechtsanwalt einer Gruppe von Klägern, die gegen das US-amerikanisches Tochterunternehmen Kuroi Inc. eine Schadensersatzklage wegen den fatalen und oft tödlichen Nebenwirkungen eines Medikaments anstrengten.

Dieser in den USA geführte Prozess wurde zugunsten der Kläger entschieden. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigungssumme wurde aufgrund des plötzlichen Konkurses von Kuroi Inc. jedoch niemals ausgezahlt. Der Versuch den Mutterkonzern in Japan zu verklagen scheiterte ebenfalls und der Rechtsanwalt zieht sich aus privaten und geschäftlichen Gründen aus dem Berufsleben zurück.

Die Vergangenheit holt Jeremy Gouldens jedoch nach über 10 Jahren wieder ein. Gerade als er wieder seine ehemalige Tätigkeit als Anwalt aufnehmen will, wird er mit seiner Vergangenheit und den Machenschaften von Kuroi-Juchi, dem Mutterkonzern der Kuroi Inc. konfrontiert. Der Brief einer verschwundenen Freundin führt ihn auf die Spur lange zurückliegender Menschenversuche, die das japanische Militär zusammen mit dem Pharmakonzern unternommen hat und die anscheinend auch in der Gegenwart noch durchgeführt werden.

Die Suche nach der Wahrheit bringt Jeremy Gouldens in Konflikt mit den nationalistischen Kreisen Japans, die im Geheimen auf einen militärischen Konflikt hinarbeiten, in dessen Folge sich das "Land der aufgehenden Sonne" wieder seiner ehemalige Größe und Macht bewusst werden soll.

Karl Pilny hat einen brisanten Roman veröffentlicht, dem es überaus gut gelingt, die Fakten der jüngeren japanischen Geschichte mit deren aktuellen Konsequenzen zu kombinieren. So wird die Debatte über die japanischen Kriegsverbrechen auch erst seit den 70er Jahren geführt und noch immer bringen einflussreiche Kreise dieser Aufarbeitung erheblichen Widerstand entgegen.

Dieser im Osburg Verlag erschiene Thriller besitzt Suchtcharakter und wer das Buch zur Hand genommen hat, wird es so schnell nicht wieder beiseitelegen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn dieser Roman die Vorlage für ein Drehbuch abgeben würde. Eine rasante Handlung, deren Vorlage auf historischen Fakten beruht. Illegale Menschenversuche und ein Netzwerk von einflussreichen Verschwörern. Skrupellose Verbrecher und größenwahnsinnige Politiker. Ein Protagonist, der über sich selbst hinaus wächst und der dazu noch einen Angriff mit Massenvernichtungswaffen verhindert. Das ist der Plot für einen Hollywood-Blockbuster.




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