Buchkritik -- Ángeles Saura -- Der Zweifel

Umschlagfoto  -- Ángeles Saura  --  Der Zweifel Es ist bezeichnend für das menschliche Wesen, daß es sich ein Ziel, einen Sinn oder ein anderes, sein Sein bestimmendes Objekt sucht. Ohne diese Suche, bzw. das Finden eines solchen Gegenstands wäre die menschliche Existenz seltsam leer und unbefriedigend. Im Grunde genommen besteht also kein wesentlicher Unterschied in der Tatsache, daß sich mache Menschen als Taubenzüchter profilieren, andere dagegen ihre Berufung im sammeln von Kunstgegenständen sehen.

Einer von den letzteren ist Don César Rinconeda. Sein Lebenswerk bestand darin, einem unbekannten Barockmaler zu seiner verdienten Würdigung verholfen zu haben. Diesem Maler hat Don César sein Leben geweiht. Das letzte Bild dieses Künstlers befindet sich ebenfalls in seinem Besitz.

In dem Augenblick, als er sich unangreifbar wähnt, bekommt er einen Brief aus Skandinavien, in dem eine Frau behauptet, daß das von ihm so geliebte Bild seines Barockmalers in Wirklichkeit von einer italienischen Malerin stammt. Für Don César ein bedrohlicher Moment, ist doch sein Lebenswerk und damit auch seine existenzielle Berechtigung in Gefahr. Für ihn ist klar - er muß sich dagegen wehren

Ángeles Saura, eine Schwester des Filmregisseurs Carlos Saura hat einen bemerkenswerten kleinen Roman veröffentlicht. Er beschreibt nicht nur die drohende Zerstörung eines, vermeintlich unangreifbaren, Lebenswerkes, sondern er erzählt auch vom Aufeinanderprallen von verschiedenen Lebensansichten. Hier die männlich dominierte, im Barock verharrende südliche Welt eines Don César, dort die aufklärerische, nordisch-kühle Welt der Forscherin Brunhild Cornelius.

Saura erzählt diesen Kampf aus der Sicht des Don César Rinconeda. Er wehrt sich mit aller Macht gegen den drohenden Sinnverlust seines Lebens. Geschickt läßt uns die Autorin an den Gedanken und letztlich an seiner Tat der Verteidigung teilhaben. Der Leser erfährt den Lebensweg eines alten, verzweifelnden Mannes, dem ein Sturz in die Lächerlichkeit droht. Sein Leben, sein Werk, ja seine einzige Daseinsberechtigung steht auf dem Spiel.

Aus diesem Kampf macht die Autorin ein Stück Literatur, daß den Leser mit auf die verworrenen Gedankengänge der Don César nimmt. Wir sehen den drohenden Wahnsinn und die, trotz aller martialischen Bekundungen, Angst vor einem Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Wir sehen, durch die Introspektion des Kunstliebhabers, dessen Leben an uns vorbeiziehen. Ein Leben, welches in seinen Verlauf größtenteils vom Scheitern gekennzeichnet war. Um so wichtiger wurde für ihn sein vermeintlicher Triumph in Gestalt des Barockmalers.

Ángeles Sauras Roman Der Zweifel ist eine glänzende Beschreibung eines individuellen "Endzeitkampfes" eines schon seit Jahren gescheiterten Menschen, der am Ende zu allen Mitteln greift, um die Illusion eines gelungenen Lebens aufrecht erhalten zu können.




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