Buchkritik -- Stefan Soder -- Simonhof

Umschlagfoto, Buchkritik, Stefan Soder, Simonhof, InKulturA Glück beim Kartenspiel ist der Ausgangspunkt einer Familiensaga aus Österreich. Ein heruntergekommener Bergbauernhof wechselt den Besitzer und legt damit das Fundament einer Familie, deren Geschichte Stefan Soder in seinem Roman erzählt. Drei Generationen stehen im Mittelpunkt dieses ohne falsches Pathos geschriebenen Buches. Weit entfernt von Alpenromantik und Hochalmkitsch beschreibt der Autor den Kampf ums Überleben und die durch ihn geprägten Charaktere.

Es sind Menschen, deren Leben und Wertmaßstäbe uns Heutigen weit entfernt vorkommen, weil der überwiegenden Mehrheit das Gespür für historische Kontinuität abhanden gekommen ist und seit den späten 68er Jahren ein Bruch mit der Vergangenheit stattgefunden hat, der sich aktuell in Geschichtsvergessenheit und Ignoranz gegenüber gewachsenen Familienstrukturen ausdrückt. Dadurch riskieren wir, unser individuell-historisches Erbe zu verspielen, wie es im Roman der letzte Simonhof-Bauer unternimmt.

Bis dahin allerdings erzählt Stefan Soder über das harte Leben der Bergbauern. Jeder Tag konnte Schlimmes bringen und immer war die Existenz fragil. Freizeit ein unbekanntes, ja sogar ein sinnfreies Wort, denn von Tagesanbruch bis zur abendlichen Dämmerung gab es viel zu tun. Doch auch der Simonhof und seine Menschen werden in den Strudel der Geschichte gezogen. Zwei Weltkriege gehen nicht spurlos an ihnen vorbei und die Diktatur des Nationalsozialismus hinterlässt auf tragische Weise ihre Spuren auf dem Hof. Während die Männer in den Krieg gezwungen werden, übernehmen ihre Frauen den Hof und, gerade während des Wütens der Nazis, versuchen, im Umgang mit ihnen zugewiesenen Zwangsarbeitern, die Menschlichkeit zu wahren.

Als das, was so lapidar als modernes Leben bezeichnet wird, auch den Simonhof erreicht, lässt sich die dritte Generation in Gestalt des jungen Simon vom kapitalistischen Versprechen Investition gleich hohe Rendite dazu verlocken, den Hof touristisch zu nutzen und ihn massiv umzugestalten. Der bisherige Lebenserwerb tritt zugunsten eines gehobenen Fremdenverkehrs in den Hintergrund. Was die großen Zäsuren des 20. Jahrhunderts nicht geschafft haben, das droht jetzt ausgerechnet durch die Anpassung an den Zeitgeist, der ganz andere Tücken bereithält, als die, die bislang stets überwunden werden konnten.

"Simonhof" von Stefan Soder ist neben der Geschichte einer Bergbauernfamilie auch das Porträt eines Wertewandels, dessen Auswirkungen die Existenz mehr bedrohen als alle bisherigen Herausforderungen.




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Veröffentlicht am 5. März 2017