Buchkritik -- André Wagner -- Worstseller

Umschlagfoto, André Wagner, Worstseller Zeuge eines "Seelenstriptease" zu werden, ist schon eine arge Herausforderung an den Leser. Gibt es eine bösartigere, ja gar eine gesellschaftszerstörendere Intention als eine "Anleitung zur Leerlauflebensphilosophie"? "Ja du liebe Güte, wie soll das funktionieren, wenn alle so denken würden?" Diese Worte meiner Großmutter klangen mir in den Ohren, als ich das Buch "Worstseller" von André Wagner las.

Eine Woche lang begleitet der neugierige Leser den Protagonisten auf seinem Weg durch das Labyrinth des Daseins. Tiefkühlkost und Fertiggerichte stählen sowohl seinen Geist als auch seinen "Adoniskörper". Auf dieser Odyssee durchs Leben hören wir eine Stimme, die, ansonsten gut versteckt hinter dem Mantel der gesellschaftlichen Etikette, auf einmal mit Macht an die Oberfläche gerät und dabei so herrlich erfrischend, so respektlos, so zynisch und so wunderbar politisch unkorrekt über die Banalität des Alltäglichen berichtet.

Frei von jeder Selbstzensur, die sich im Endeffekt sowieso nur als außengesteuerter Gesellschaftskit erweist, schwadroniert der Ich-Erzähler drauf los, dass es eine Freude ist. Alles und jeder wird aufs Korn genommen. Schwule, Ausländer, Behinderte, Frauen und sogar Freunde. Während der Lektüre ertappt man sich des Öfteren dabei, einen ängstlichen Blick über die Schulter zu werfen, dergestalt, als wolle man sich versichern, ob man so etwas überhaupt lesen darf.

Aber na klar, darf man. Muss man sogar.

Nun war es bestimmt nicht die Absicht des launig schreibenden Verursacher dieses literarischen Solipsismus, den nihilistischen Existentialismus wieder aufleben zu lassen, doch was André Wagner mit "Wortseller" auf den (Buch) Markt der pseudointellektuellen Eitelkeiten geworfen hat, ist durch seine Wortneuschöpfungen und sinnumkehrenden Konnotationen so gekonnt destruktiv, dass es eine wahre Freude ist, dieses Buch zu lesen. Mehr davon!




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