Buchkritik -- Chalmers Johnson -- Ein Imperium verfällt

Umschlagfoto  -- Chalmers Johnson  --  Ein Imperium verfällt "Ist die Weltmacht USA an Ende?". Dieser Frage geht Chalmers Johnson in seinem Buch Ein Imperium verfällt nach. Er analysiert die amerikanische Aussenpolitik in Südostasien seit dem Ende des zweiten Weltkriegs. Herausgekommen ist ein Buch, das den Finger auf viele Mißstände eben dieser Politik richtet. Was zu Zeiten des kalten Krieges noch akzeptabel schien, das ist nunmehr 10 Jahre nach dem Fall des eisernen Vorhanges nur noch ein Relikt aus längst vergessenen Tagen. Die Stationierung von US-amerikanischen Truppen im asiatischen Raum hat für Johnson jegliche Begründung verloren und dient ausschließlich der Festigung und der Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen.

Chalmers Johnson bringt eine äußerst interessante Theorie zur Diskussion. Für ihn ist die aktuelle und vergangene Aussenpolitik Amerikas der auslösende Faktor für sogenannte "Rückstöße". Er versteht darunter die Reaktion von Staaten, aber auch die von Einzelpersonen, die der amerikanischen Regierung und ihrer Politik kritisch gegenüberstehen. Auflehung gegen die von Amerika eingesetzten Politiker, die noch niemals zur Demokratisierung im asiatischen Raum beigetragen haben, Attentate auf US-amerikanische Einrichtungen und Bürger sind die Resultate eben dieser "Rückstöße".

Es hat eine lange Tradition, das Amerika die Politiker fördert, die in den jeweiligen Kurs der amerikanischen Aussenpolitik passen. Japan ist dafür geradezu ein Musterbeispiel. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Insel mit massiven finanziellen Mitteln unterstützt als ein Beweis für die Demokratisierung nach amerikanischer Manier. Das es letzlich ausschließlich um wirtschaftliche Interessen ging, liegt für Johnson klar auf der Hand.

Dieses Mißverhältnis zwischen politischem Bekentnis zur Demokratie und tatsächlicher Handlung ist für Johnson einer der Gründe dafür warum Terror gegen die USA entsteht. Staaten und deren zweifelhafte Regierungen werden mit massiven finanziellen und militärischen Mitteln unterstützt. Der Willen der Bevölkerung wird nicht zur Kenntnis genommen und bei Bedarf auch schon mal militärisch interveniert. All das führt zu den bekannten, aber auch zu noch kommenden "Rückstößen". Einer davon war der Anschlag auf das World Trade Center. Nach Johnson muß sich Amerika in Zukunft auf weitere Anschläge vorbereiten, wenn es seine Politik nicht ändert.

Die Weltmacht USA ist zwar nicht am Ende, doch es werden gewiss stürmische Zeiten auf sie zukommen. Die Bereitschaft sich aus bestimmten Gebieten zurückzuziehen ist nicht vorhanden und mit dem willfährigen Instrument des IWF gelingt es immer wieder eigene wirtschaftliche Interessen in vielen Ländern durchzusetzen. Es wird Politik und Wirtschaft nach amerikanischem Modell gemacht, ohne auf die Belange vor Ort Rücksicht zu nehmen. Der Kapitalismus US-amerikansicher Ausprägung ist eben kein Modell, welches für alle Länder und Nationen unbesehen übernommen werden kann. Solange Amerika dies nicht einsieht und seine wirtschaftlichen, sowie auch seine territorialen Ansprüche nicht zurüchnimmt, solange werden "Rückstöße" stattfinden und deren Intensität wird zunehmen.

Voraussagen über den Verlauf der Geschichte sind so unsicher wie die Frage nach dem "Was wäre gewesen wenn...". Die Theorien von Paul Kennedy, der noch 1987 den Zerfall der damaligen UDSSR in seinem Buch Aufstieg und Fall der großen Mächte nicht erkannt hatte, oder die These von Francis Fukuyama, der nach dem Fall der kommunistischen Staaten das Ende der Geschichte proklamiert hatte und einen Sieg des liberal-kapitalistischen amerikanischen Wirtschaftssytem und seine universelle Gültigkeit feierte, waren schlichtweg unzutreffend und falsch.

Das von Fukuyama so gelobte Wirtschaftssytem hat sich im Gegenteil als ein großer Beschleuniger für die von Chalmers Johnson konstatierten "Rückstöße" erweisen. Insofern ist allen Voraussagen der geschichtlichen Entwicklung gegenüber Vorsicht geboten. Doch die in diesem Buch vertretene Theorie ist plausibel und nachvollziehbar. Das amerikanische System, egal ob wirtschaftlicher oder politischer Ausprägung ist kein Modell für die ganze Welt. Sollte Amerika nicht gewillt sein sich von dieser Vorstellung und dem Bestreben sie als universellen Wert durchzusetzen Abstand zu nehmen, dann wird es in der Tat zu gewaltigen "Rückstößen" kommen. Die Ereignisse des Septembers 2001 werden dann nur der Auftakt gewesen sein.




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