Buchkritik -- Norman G. Finkelstein -- The Holocaust Industry

Umschlagfoto  -- Norman G. Finkelstein  --  The Holocaust Industry Das an dieser Stelle ein Buch in der amerikanischen Originalsprache besprochen wird, hat zwei Gründe. Zum einen die Brisanz des Themas und zum anderen, dem eigentlich ausschlaggebenden Grund: es ist nicht sicher, ob dieses Werk überhaupt in einer deutschen Übersetzung auf dem hiesigen Buchmarkt veröffentlicht wird. Es gibt mächtige und einflussreiche Interessenverbände, die dies verhindern wollen.

( Aktueller Hinweis: Seit Februar 2001 ist dieses Buch auch in deutscher Übersetzung beim Piper Verlag erhältlich)

Das Thema mit dem sich Norman Finkelstein beschäftigt, ist diffizil und gewagt. Der Autor rüttelt an Tabus, die in solch offener Weise bisher noch niemals ausgesprochen wurden. Der Untertitel des Werkes bringt die Meinung des Autors auf den Punkt: "Reflections on the Exploitation of Jewish Suffering". Finkelstein geht der Frage nach, ob mit dem Gedenken an den Holocaust in der Gegenwart Geschäfte gemacht werden.

Er bejaht diese Frage vehement und legt zahlreiche und schlüssige Beweise vor. Finkelstein spürt der organisierten, finanziellen Aufarbeitung des Holocaust nach und stellt fest, das sie einerseits politisch, durch die engen Beziehungen zwischen den USA und Israels bedingt war, andererseits aber, so der Autor, rein finanzielle Gründe hatte.

Der Gründung des modernen Staates Israel ging eine Okkupation palästinensischen Bodens und die Vertreibung der rechtmäßigen Einwohner voraus. Durch diese politische Entscheidung und die daraus resultierende militärische Aktion isolierte sich der Staat Israel und wurde zum Feindbild der arabischen Staaten. Ohne massive finanzielle Unterstützung der USA, wäre es Israel nicht gelungen, zu überleben.

Diese Unterstützung kam, so Finkelstein, auf massiven Druck jüdischer Organisationen in den Vereinigten Staaten von Amerika zustande. Die Juden, als deren ewiges Schicksal die Diaspora erschien, hatten nun einen eigenen Staat, der zwar ohne gesetzliche Grundlage enstand, aber immerhin die religiösen Forderungen nach Rückeroberung der Heimat erfüllte.

Die Versuche der arabischen Staaten Israel militärisch zu vernichten, schlugen alle fehl. Sowohl aus dem 6-Tage Krieg im Jahr 1967, als auch aus dem Jom-Kippur Krieg im Jahr 1973, ging Israel als klarer Sieger hervor. Dieser Zeitpunkt ist für Finkelstein der Beginn der finanziellen Ausbeutung und der Anfang der politischen Rechtfertigungsstrategie Israels mit Hilfe des Holocaust.

Der Autor beschreibt, wie es den Amerikanern jüdischen Glaubens gelang, sich von einer mehr oder weniger ausgegrenzten Gruppe zu einflußreichen Mitgliedern der amerikanischen Gesellschaft zu etablieren. Mit zunehmendem Einfluß wurde auch die amerikanische Aussenpolitik zugunsten des Staates Israel entwickelt. Da die Gründung des Staates Israel Völkerrechtlich illegal war, wurde nach einer Begründung gesucht, die noch über dem Gesetz stehen mußte, um, zumindest für Israel, stichhaltig zu sein.

Für Finkelstein ist es die Ausbeutung der Erinnerung an den Holocaust. Das Leiden und die Verbrechen, welche die Juden unter dem deutschen Nationalsozialismus erdulden mußten, wurde instrumentalisiert und fortan als Begründung für den von Israel ausgeübten Staatsterrorismus benutzt.

Der Holocaust wird als singuläres Ereignis betrachtet, einzigartig in seinen Dimensionen und in seinem Schrecken. Parallel dazu ist, so Finkelstein, das religiöse Judentum ebensfalls von seiner Einzigartigkeit überzeugt. Daraus folgt eine bemerkenswerte Tautologie: Der Holocaust ist einzigartig, weil das jüdischen Volk einzigartig ist; das jüdische Volk ist einzigartig, also ist auch der Holocaust einzigartig. Der Hinweis darauf, das der Genozid ein, leider, oft vorkommendes Phänomen in der menschlichen Geschichte darstellt, beleidigt also für die jüdische Identität das Andenken des Holocaust. Gerade dies, so der Autor, ist eine ideele Ausbeutug des Holocaust und eine Beleidigung für die Opfer.

Finkelstein sorgt jedoch mit einer zweiten, weitaus brisanteren These für Aufregung. Er stellt anhand existierender und anerkannter Forschung die provokante Frage, ob die von jüdischer Organisationen veröffentlichten Zahlen von Überlebenden der Wahrheit entsprechen, oder ob die Zahlen dergestalt manipuliert sind, um höhere Entschädigungen verlangen zu können.

Finkelstein, der selber Jude ist und ebenfalls den Verlust von Angehörigen durch den Terror der Konzentrationslager zu beklagen hat, benutzt noch weit drastischere Ausdrucksformen, als hier wiedergegeben werden kann, ohne eventuell mit dem Bundesdeutschen Strafgesetzbuch in Konflikt zu geraten. Auf der Seite 128 seines Buches stellt Finkelstein z. B. eine Frage, deren stellen in Deutschland eine Anklage zur Folge hätte. Es sei hier nur so viel gesagt, das er den großen jüdischen Interessenvertretungen vorwirft, anhand von manipulierten Opfer- bzw. Überlebendenzahlen höhere finanzielle Zuwendungen zu fordern.

Finkelstein, der schon mit einer Wiederlegung der Goldhagenschen These von dem angeborenen Deutschen Antisemitismus bekannt wurde, legt ein weiteres provokantes Buch vor. Er scheut sich nicht, Tabus zu brechen und Denkverbote umzustürzen. Der Versuch einflußreicher Gruppen, dieses Werk, welches vom Piper-Verlag Anfang 2001 in einer Deutschen Übersetzung herausgegeben werden soll, zu verhindern, beweist, wie brisant dieses Thema ist. Sollte sich herausstellen, daß vieles von dem was Finkelstein schreibt der Wahrheit entspricht, dann wäre es notwendig einen Teil der jüngsten Deutschen Vergangenheit neu zu schreiben.




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