Buchkritik -- Nikolaus Jackob -- Gesehen, gelesen - geglaubt?

Umschlagfoto Nikolaus Jackob In einer global vernetzten Welt und in einer Zeit, die den Einzelnen mit ihrer Informationsflut oft an den Rand seiner persönlichen Rezeptionsfähigkeit bringt, die Wichtiges mehr schlecht als recht von Unwichtigem unterscheidet, besitzen die Medien eine eminent wichtige Funktion. Sie stellen eine Möglichkeit dar, Nachrichten zu filtern, sie zu selektieren und dem Endverbraucher als Bild der Welt zu präsentieren.

Der Bürger, wenn er sich als ein mündiger versteht, ist auf externen Informationsinput angewiesen, um einerseits die Welt richtig deuten zu können, andererseits um seine politischen und sozialen Entscheidungen zu treffen, aber auch um seine Funktion als verantwortungsbewusster Konsument wahrnehmen zu können. Dies funktioniert in der modernen Welt nur durch die Vermittlung der Medien. Zeitung, Funk und Fernsehen haben also eine gesellschaftspolitische Aufgabe, deren Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Doch wie gehen die Medien mit diesem Informationsauftrag um bzw. wie weit befindet sich deren Berichterstattung in Kongruenz mit der Realität? Gehen sie mit dem ihnen vom, wenn man ihn so nennen will, Informationskonsumenten entgegen gebrachten Vertrauensvorschuss verantwortungsbewusst um oder verfälschen sie - bewusst oder unbewusst - die Realität?

Nikolaus Jackob beschäftigt sich in seinem Buch "Gesehen, gelesen - geglaubt?", dem eine empirische Studie zugrunde liegt, mit dieser spannenden Frage. Das Vertrauen des Bürgers in die Medien ist, so der Tenor der Untersuchung, groß. Daran ändern auch gelegentliche Fehleinschätzungen der veröffentlichten Meinung, wie z. B. im Fall der Berichterstattung über ein vermeintlich rechtsextremes Verbrechen in Sebnitz oder der geplanten Versenkung eines schwimmenden Öltanks des Shell-Konzerns in der Nordsee nichts.

Die wohl niemals zu lösende philosophische Frage, ob es überhaupt möglich ist, die Realität korrekt wahrzunehmen und zu beschreiben einmal beiseitegelassen, kommt die Studie zu dem wenig überraschenden Schluss, dass die überwiegende Mehrheit der Bürger ein großes Medienvertrauen besitzt. Ebenfalls wenig erstaunlich es, dass die Menschen mit einem großen Medienkonsum, im Klartext, diejenigen, die täglich mehrere Stunden vor dem Fernseher verbringen, diejenigen sich, die den Medien das größte Vertrauen schenken und sich nur selten alternative Informationsquellen erschließen.

Natürlich, und auch das unterstreicht die Studie, ist der Glaube an die Zuverlässigkeit der Berichterstattung von Ausbildung und Beruf abhängig. Plakativ ausgedrückt bedeutet dies, dass bildungsferne Menschen eher dazu neigen, die ihnen angebotenen Informationen für korrekt und als zuverlässige Beschreibung ihrer Umwelt zu halten.

Medien betreiben Informationsfilterung, sind sogar dazu gezwungen zu selektieren, auszuwählen und wegzulassen. Doch gerade hier liegt die Gefahr für den Medienkonsumenten. Journalisten haben, wie alle anderen Menschen auch, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Präferenzen. Verlage und Agenturen müssen Geld verdienen, um auf dem umkämpfen Informationsmarkt bestehen zu können. Zeitungen vertreten politische Standpunkte und, mal mehr, mal weniger, die politischen Zielrichtungen der Parteien.

Bedenklich wird dies allerdings in dem Augenblick, in dem die Berichterstattung zur Lancierung politischer Ziele dient, aber als Information verschleiert wird und damit den Bürger manipuliert. Nikolaus Jackob bringt es auf den Punkt. "Wo immer Vertrauen groß- und Kontrolle kleingeschrieben wird, besteht die Gefahr, dass Vertrauen enttäuscht und missbraucht wird."

Gerade das Medium Internet ist eine vom Informationsmainstream noch unabhängige Plattform, auf der sich der wirklich mündige Bürger Informationen beschaffen kann. Medienvertrauen ist gut, die Überprüfung der Informationen anhand anderer Quellen jedoch noch besser.




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