Buchkritik -- Gerhard Konzelmann -- Insch`Allah

Umschlagfoto  -- Gerhard Konzelmann  --  Insch`Allah Es ist eine Ironie der Geschichte, daß die westliche Welt von Ölimporten aus denjenigen Ländern abhängig ist, deren Religion die westliche Lebensart ablehnt, ja geradezu verteufelt. In vielen Ländern des Nahen und Mittleren Osten kann nur eine überaus starke staatliche Repression dafür sorgen, das die Situation stabil, d.h. den Ölinteressen des Westens gegenüber aufgeschlossen bleibt. Diese Gemengelage aus wirtschaftlichen Interessen und religiösen Überzeugungen erweist sich einmal mehr als ein explosives Gemisch, welches globale Auswirkungen auf Politik und Wirtschaft hat.

Zudem ist es für einen normal informierten Außenstehenden nicht ohne weiteres möglich, sich genau über die Situationen in dieser Region zu informieren. Die westlichen Medien, deren Objektivität, wenn nicht sogar auch deren Unabhängigkeit in dieser Sache manchmal angezweifelt werden muß, hat leider den Hang dazu, die Dinge, besonders die politischen und religiösen Situationen der Ölförderländer durch eine "demokratisch gefärbte" Brille zu betrachten. Viel zu oft werden die realen Bedingungen verkannt und unterschätzt.

Gerhard Konzelmann legt mit seinem Buch Insch`Allah eine Informationsquelle vor, die Licht in das Dunkel der, für den westliche Betrachter verwirrenden, politischen und religiösen Zustände des Nahen und Mittleren Osten bringt. Sein Untertitel Der Kampf um Glaube und Öl ist Programm und beschreibt exakt die Kernaussage dieses Werkes. Er beschreibt detailliert die Geschichte Saudi-Arabiens, die ohne Kenntnisse von der Bedeutung der Stammeszugehörigkeit in diesem Teil der Welt unvollkommen bleiben muß. Der Clan spielt in der gesamten Region eine dermaßen große Rolle, wie wir es uns als "aufgeklärte" Menschen nicht mehr vorstellen können.

In genau diesem Mangel an Vorstellungsvermögen liegt die Wurzel des latent schwelenden Konflikts. Konzelmann beschreibt nüchtern, aber aus erster Hand sowohl die geschichtlichen, als auch die aktuellen Bezüge zur heutigen Krise. Da es im islamischen Glauben, im Gegensatz zum christlichen, keine Trennung zwischen Kirche und Staat gibt, sondern der Islam gleichsam Staats- und Religionslehre darstellt, ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die Interessen des Nahen und Mittleren Osten mit denen der westlichen Welt in Übereinstimmung zu bringen. Sämtliche Länder, die wirtschaftliche Beziehungen, d.h. Ölverkäufe in den Westen haben, können sich nur durch brutale Gewalt an der Macht halten.

In Staaten, deren politische und religiöse Auseinandersetzungen stets mit Gewalt ausgetragen wurden und in denen die Zugehörigkeit zu einem Clan über Leben und Tod entscheiden kann, ist es schwer, sich auf westliche Normen zu berufen. So verwundert es nicht, Konzelmann beschreibt es sehr genau, daß die einzige Verbindung der erdölfördernden Länder dieser Region mit dem Westen der vermeintliche Dollarsegen aus den Verkäufen dieses Rohstoffes ist. Der jedoch kommt nur den jeweiligen Herrschern zu, die damit nach eigenem Gutdünken verfahren.

Neben Saudi-Arabien legt Gerhard Konzelmann sein Hauptgewicht auf den Irak, der unter Saddam Hussein eine atemberaubende Sympathieentwicklung durchgemacht hat. Vom Liebling der Amerikaner im Krieg gegen den Iran, hin zum Schurkenstaat in unseren Tagen. Vom Westen hochgerüstet und tief fallengelassen, wird nunmehr der zweite Golfkrieg gegen das Regime in Bagdad geführt. Dessen globale Auswirkungen, so Konzelmann, werden gravierend sein, denn von vielen Islamisten wird schon zum Dschihad, zum Heiligen Krieg gegen den Westen aufgerufen.

Es gelingt dem Autor beispielhaft eine Strategieänderung der USA zu dokumentieren. War Saudi-Arabien bislang ein, für die Amerikaner, verläßlicher Partner, so stellt sich immer mehr heraus, daß mit Hilfe von Geldern aus diesem Land, Terroristen unterstützt werden. Ziel der USA ist es, sich von der Abhängigkeit des saudi-arabischen Öls zu befreien und durch den Irak-Krieg eine neue Versorgungsquelle zu etablieren. Vor diesem Krieg warnt Gerhard Konzelmann vehement, weil er globale Auswirkungen haben wird - der islamistische Terror wird zunehmen.

Es ist wiederum eine Ironie der Geschichte, das mit dem Irak ausgerechnet das Land angegriffen wird, das den islamistischen Terror genauso fürchtet, wie die westliche Welt. Unter Saddam Hussein konnten sich keine islamischen Fundamentalisten etablieren. Nach der Entwaffnung und Beseitigung von Saddam Hussein wird das anders sein. Er weist ebenfalls darauf hin, daß es ohne eine vernünftige Lösung im Konflikt zwischen Israel und den Pälestinensern keinen Frieden in der Region geben wird.

Gerhard Konzelmann legt mit seinem neuen Buch einen weiteren Beweis vor, daß er einer der wenigen, wirklichen Nahost-Experten ist. Was er schreibt, ist im Gegensatz zu dem von selbsternannten Fachleuten veröffentlichten Material, hervorragend recherchiert. Sein unprätentiöser Stil sorgt für Klarheit in der Aussage und es fällt wohltuend die Abwesenheit eines westlich-arroganten Journalismus auf.

Wer sich ernsthaft mit den Problemen des Nahen und Mittleren Osten auseinandersetzen will, der kommt um dieses Buch nicht herum.




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