Buchkritik -- Lester R. Brown -- Plan B 2.0

Umschlagfoto  -- Lester R. Brown  --  Plan B 2.0 Die Umweltzerstörung hat dramatische Ausmaße angenommen. Der Planet Erde wird rücksichtslos ausgebeutet. Der Energiehunger der Industrienationen scheint unermesslich zu sein. Mit China und Indien gelangen zwei neue Mitspieler in der Kreis der Energieverbraucher, mit denen bis vor wenigen Jahren noch niemand gerechnet hat. Sollte sich die Wirtschaft und das Bevölkerungswachstum in dem Maß wie bisher entwickeln, dann droht dem Raumschiff Erde der endgültige Kollaps.

Lester R. Brown beschreibt in seinem Buch Plan B 2.0 eindringlich die bisherigen Auswüchse der ökologischen Katastrophe. Das Schwinden der natürlichen Energieressourcen, der fossilen Brennstoffe, ist dabei genauso sein Thema, wie Bevölkerungswachstum und die, bei keinem Kurswechsel in der Ökopolitik zweifelsfrei eintretende Nahrungsmittelknappheit. Der Zusammenbruch der Trinkwasserversorgung und steigende Meeresspiegel durch die Erwärmung der Erdatmosphäre wird vom Autor mit dramatischen Worten beschrieben.

Der erste Teil des Buches stellt den Ist-Zustand unseres Planeten vor. Dieser Bestandsaufnahme kann kein sich ernsthaft mit diesem Thema befassender Mensch entziehen. Browns Analysen sind treffend und schonungslos. Wer allein diesen Teil des Buches liest, der wird ergriffen von einem Gefühl der Ohnmacht und der Hoffnungslosigkeit. Die drohende Verknappung der fossilen Brennstoffe und die damit einhergehende Steigerung der Kosten für Nahrungsmittel, Wasser und Energie läßt Konflikte am Horizont der Zukunft erscheinen, von deren Heftigkeit wir bislang keine Vorstellung besitzen.

So genau seine Untersuchungen sind, die Daten stammen zum Teil aus offiziellen Berichten und aus Veröffentlichungen von NGOs, so geht er doch fehl in seinem Optimismus, welche Wege aus der gegenwärtigen Krise führen können. Immerhin will sein Buch nichts weniger sein, als eine Handlungsanweisung zur Rettung des Planeten.

Nichts weniger als ein globales Umdenken fordert Lester R. Brown. In der Theorie absolut notwendig, in der Praxis jedoch absolut unrealistisch. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Das Fazit des Autors bezüglich einer Veränderung des ökologischen Bewußtseins der Menschheit ist richtig. Doch wenn sich Politiker dieses Themas annehmen ist Vorsicht geboten. Zu groß ist die Wahrscheinlichkeit von Doppelzüngigkeit und Heuchelei.

Beispiel 1: Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel möchte doch so gerne auch einen Beitrag zur ökologischen Sanierung der Umwelt liefern. Natürlich möchte er aber auch nicht auf seine Sprit schluckenden Dienstwagen verzichten, (von den vielen Dienstreisen der Politiker in Flugzeugen einmal ganz abgesehen), also machte er flugs einen Vorschlag, wie man, in diesem Fall der Steuerzahler, das Problem angehen kann. Man fährt munter weiter hoch motorisierte Fahrzeuge, zahlt dafür aber eine Abgabe an die sog. Entwicklungsländer, damit diese die Möglichkeit haben, ihre Umwelt zu schützen. Soll in diesem Fall wohl heißen, deutsche Politiker fahren weiter Daimler Benz und Audi, für die Entwicklungsländer werden Fahrräder bereitgestellt, damit dort die Luft sauber bleibt. Das ist jetzt durchaus überspitzt, aber bei einem solchen Vorschlag fehlen einem normal intelligenten Menschen einfach die Worte.

Beispiel 2: Die Von Lester R. Brown so gelobte Energiesteuer, die in Deutschland 2002 unter dem Namen Ökosteuer eingeführt worden ist, diente und dient immer noch hauptsächlich dem Ziel, die Staatskassen zu füllen. Von einer ökologischen Neuorientierung ist man bei uns jedenfalls noch weit entfernt.

All das kann man natürlich nicht dem Autor vorwerfen. Sein Anliegen steht moralisch und verantwortungsethisch außer Frage, seine Sorgen sind berechtigt und seine Aufforderung zum Handeln ist ehrlich. Daß etwas getan werden muß, um auch unseren Kindern und Enkeln eine Welt zu hinterlassen, in der es sich lohnt zu leben, ist offensichtlich.

Doch, und das ist die wirklich spannende Frage, die auch Brown nicht beantworten kann: Wer kann z. B. Indien und China davon abbringen das gleiche Niveau zu erreichen wie es die Industrieländer seit Jahren vorleben? Mit welchen Argumenten will man diese Länder davon abhalten die gleiche PKW-Dichte wie die USA zu erreichen? Man stelle sich das vor: jeder zweite Chinese und Inder besitzt ein Kraftfahrzeug, (jeder zweite Deutsche besitzt eins) Was das für die Ökologie des Planeten bedeuten würde, kann sich jeder denken. Warum sollten diese Länder freiwillig darauf verzichten?

Lester R. Brown beschreibt einen gangbaren Weg allein unter der Prämisse der freiwilligen Selbstbeschränkung. Wer jedoch die menschliche Natur kennt, der weiß, daß es allein damit nicht funktionieren wird. Aus diesem Grund werden die Konflikte der Zukunft die der Vergangenheit an Brutalität weit übertreffen.




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