Buchkritik -- Elk von Lyck -- Der Höllenmaschinist

Umschlagfoto  -- Elk von Lyck  --  Der Höllenmaschinist Alle Entscheidungen, die der Mensch im Lauf seines Lebens trifft, haben Konsequenzen. Für ihn selber, viel mehr aber noch für diejenigen, die direkt oder indirekt damit konfrontiert werden. Die Wahl einer Möglichkeit bedeutet gleichzeitig die Abwahl anderer Wahrscheinlichkeiten. Jedes Individuum befindet sich automatisch in einem Spannungsfeld, dessen Wirkung nicht zuletzt auch von anderen, uns gänzlich unbekannten Personen beeinflusst wird.

Es scheint ein verborgenes Gesetz der Natur zu sein, dass der Mensch bei existenziellen Krisen oftmals versucht Sinn in seinem Leben zu finden, sich die Momente von Freude und Leid, Siegen, Niederlagen oder gar persönlichen Katastrophen noch einmal vor seinem inneren Auge abspielen kann. Diese Rückschau, justiziabel durch den strengsten Richter, den es für einen Menschen gibt - das eigene, normalerweise durch externe Einflüsse verborgene Wissen um richtig und falsch - kann zu einem Moment der Erleuchtung führen, der alles Materielle gleichsam auf null zurücksetzt und nur noch die Handlungen des Individuums zum Maßstab macht.

Elk von Lyck hat sich in seinem Buch Der Höllenmaschinist mit dieser existenziellen Sinnfrage beschäftigt. Ein Mann, Peter Smit, wohlhabend und erfolgreich, liegt nach einem Unfall auf der Intensivstation eines Krankenhauses und kämpft um sein Leben. Einsam, hilflos und an medizinische Apparate angeschlossen werden ihm noch einmal Momente seines Lebens vor Augen geführt. Eine mysteriöse Frau, Helena, begibt sich mit ihm zusammen zurück in die Vergangenheit.

Die materielle Fassade bröckelt zusehends auseinander und übrig bleiben die von anderen Menschen zu tragenden Konsequenzen seiner Entscheidungen. Jack, der nach langer Arbeitslosigkeit Selbstmord begeht. Leroy, der niemals eine wirkliche Chance hatte und Hassan, der im dritten Golfkrieg in den Trümmern seines zerstörten Panzers starb. Sie alle waren Mitspieler in dem Geflecht menschlicher Beziehungen und Entscheidungen, die das Pech hatten auf der Seite der Verlierer zu stehen.

Doch auch der vermeintliche Gewinner, Peter Smit, der scheinbar sowohl im Berufs- als auch im Privatleben alles richtig gemacht hat, ist ein Verlierer. Seine Argumente über den Verlauf der Dinge erweisen sich schnell als eine unreflektierte Selbstbeschwichtigung zur Abwehr unbequemer Fragen.

Elk von Lyck benutzt die Erinnerungen Peter Smits als Versatzstücke und konstruiert ein Geflecht aus Selbstzufriedenheit, die letzten Endes jedoch nur den Ausdruck eines verfehlten Lebens darstellt. Alle, Peter, Jack, Leroy und Hassan waren Puppen in einem Netz aus Abhängigkeiten, die zwar aus ihrer jeweiligen individuellen Situation das Logische und Richtige, teilweise sogar das Unvermeidliche getan haben, damit jedoch gescheitert sind.

Die Episoden dieser Personen sind ein Beleg dafür, dass sich Geschichte, wenn sie nicht hinterfragt wird, immer wiederholt. Verletze Gefühle, Oberflächlichkeit, ethische Blindheit, Egoismus und die Gier nach Ansehen, Wohlstand und Reichtum sorgen für die Perpetuierung des Status quo. Besteht Hoffnung? Aus jeder Ohnmacht, aus jedem Traum kann man erwachen. Die Vergangenheit ist zwar irreparabel, doch die Zukunft kann verändert werden. Zum Besseren? Das hängt von den Träumenden ab.




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