Buchkritik -- Gunter Scholtz -- Philosophie des Meeres

Umschlagfoto, Buchkritik, Gunter Scholtz, Philosophie des Meeres, InKulturA Das Meer ist die Wiege des Lebens, zumindest auf unserem Planeten. Die Weite der Ozeane hinterlässt beim Menschen Furcht, aber auch die Erfahrung der Grenzüberschreitung. Die unendlich scheinende Wasserfläche provoziert geradezu philosophische Fragen. Gunter Scholtz hat einen Streifzug durch die Philosophiegeschichte und ihre Bezüge zum Meer unternommen und ein kurzweiliges und informatives Buch über das Verhältnis von Philosophie, Philosophen und Meer geschrieben.

Der erste abendländische Philosoph, soweit die Überlieferungen, der das Meer und das Wasser zur Grundlage seiner Philosophie machte, war Thales aus Milet, einer kleinasiatischen Hafenstadt. Das Wasser, so Thales, ist der Ursprung alles Seienden. Für Heraklit war die Veränderung aller Dinge manifest; alles fließt und somit der stete Wandel ein Grundprinzip allen Lebens.

Für Platon war das Meer eine Bedrohung, denn über das Meer konnten schlechte Einflüsse seine Vorstellung des idealen Staates infrage stellen. Das Meer war für ihn ein Symbol der Unreinheit, ebenso wie die Unterwelt für ihn ein nasser Ort war. Noch jede politische und gesellschaftliche Utopie war angesiedelt auf Inseln im Meer, deren Abgeschiedenheit dafür sorgte, die Gesellschaft bei der Stange zu halten.

Burke, Kant, Hegel und Herder sahen im Meer das Schöne und Erhabene und in dessen Unendlichkeit die Nähe zu Gott. Der freilich wurde von Nietzsche für tot erklärt und der Mensch auf sich allein gestellt. "Wir haben das Land verlassen und sind zu Schiff gegangen! Wir haben die Brücke hinter uns – mehr noch, wir haben das Land hinter uns abgebrochen! Nun, Schifflein! Sieh dich vor!" Schlimmstenfalls also ein "Rette sich wer kann" statt Erbauung und großes Gefühl.

Ohne die Nähe zum Meer, so Scholtz, hätten wir auf so manche Gedanken von Jaspers und Camus verzichten müssen. "Philosophie des Meeres" ist ein Buch, das spielerisch anmutend eine Reise durch die Philosophiegeschichte unternimmt und den Leser immer wieder dazu auffordert, sich selber in Bezug zur Philosophie und zum Meer zu setzen.

Schade eigentlich, dass es anscheinend keine philosophisch inspirierten Seefahrer gibt. Es wäre spannend zu lesen, was ihnen, die täglich auf und mit den Meeren leben, zu sagen hätten.




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Veröffentlicht am 5. März 2017