Buchkritik -- Dirk Eidemüller -- Quanten - Evolution - Geist

Umschlagfoto, Buchkritik, Dirk Eidemüller, Quanten - Evolution - Geist , InKulturA Ist die Welt das, was wir sehen oder sehen wir nur das, was wir, evolutionär bedingt, sehen können? Diese Frage will der Physiker und Wissenschaftsphilosoph Dirk Eidemüller mit seinem groß angelegten Überblick des aktuellen Wissensstandes über die Natur und den Menschen beantworten. Gewiss keine leichte Aufgabe, doch dem Autor gelingt dies mit seinem, gerade für wissenschaftliche Laien verständlichen Buch auf hervorragende Weise.

Im ersten Teil behandelt Eidemüller zunächst die Philosophie der Quantenphysik, die, seit der Auslegung von Niels Bohr und Werner Heisenberg, der sog. Kopenhagener Deutung, eine Zäsur des bisherigen Realitätsverständnisses bedeutete. Die Gesetze der klassischen Physik verlieren im Mikrokosmos ihre Gültigkeit. Der in der Physik Newtons und Einsteins vorhandene Determinismus bricht in der Quantenwelt zusammen. Diesen Bruch zwischen Mikro- und Makrokosmos, zwischen der probabilistischen Natur des ersten und der deterministischen des zweiten soll, im Idealfall, das Messgerät überbrücken. Laut der Kopenhagener Interpretation zeigt der Wahrscheinlichkeitscharakter quantentheoretischer Vorhersagen den prinzipiell indeterministischen Charakter von quantenphysikalischen Naturvorgängen.

Der zweite Teil des Buches stellt die evolutionären Erkenntnistheorie in den Mittelpunkt, nach der die Fähigkeit(en) unseres Erkenntnisapparates die Folge des biologischen Anpassungsdrucks an die Realität der Natur darstellt. Diese wiederum versteht sich jedoch klassisch-deterministisch, denn sie berücksichtigt nicht die durch die Quantenphysik veränderte Wirklichkeitsauffassung.

Im dritten Teil unternimmt Eidemüller den Versuch, die in den ersten Abschnitten des Buches dargestellten Ergebnisse in einem pluralistischen Weltbild zu vereinigen. Dass das nicht immer einfach ist, weiß auch der Autor: "Im Gegensatz zum klassisch-physikalischen Paradigma (…) ist die hier vertretene Theorie, die eine Art naturalistischen Pluralismus ausdrückt, eine Zurückweisung sowohl materialistischer als auch idealistischer Positionen."




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Veröffentlicht am 5. Juni 2017