Buchkritik -- Nigel Rodgers / Mel Thompson -- Philosophen wie wir

Umschlagfoto  -- Nigel Rodgers / Mel Thompson  --  Philosophen wie wir Die Einheit zwischen Leben und Werk, ist sie ein Wunsch, den wir an Künstler und Philosophen haben um deren Werk besser deuten zu können oder ist sie vielmehr ein Desiderat, welches unerfüllbar bleiben muss, damit jede Interpretation nicht von vornherein eingeengt wird durch eine Festlegung auf individuelle Entwicklungen?

Nigel Rodgers und Mel Thompson zeigen in ihrem Buch Philosophen wie wir wie der Mensch hinter dem Werk aussieht. Stellvertretend für viele nehmen sie das Leben von Jean-Jacques Rousseau, Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche, Bertrand Russell, Ludwig Wittgenstein, Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre und Michel Foucault unter die Lupe.

Rousseau als pädagogischer Vordenker einer ganzen Epoche gab seine eigene Kinder in ein Findelhaus, Schopenhauer war geizig und ein cholerischer Soziopath, Nietzsche, selber zeit seines Lebens kränkelnd, proklamierte den Übermenschen, Russell und sein verpfuschtes Privatleben, Wittgenstein und seine Egomanie, Heideggers Verstrickung mit dem Nationalsozialismus, Sartre und seine falsche Einschätzung der ehemaligen UdSSR und Foucaults selbstzerstörerisches Leben zeigen, daß die Menschen hinter der Philosophie alles andere als Weise und Vorbilder sein können.

Intellektuelle Brillanz und moralischen Integrität bedingen sich nicht immer gegenseitig. Menschliche Makel, Egoismus, sexuelle Besessenheit, Arroganz und wie die kleinen und großen Schwächen heißen mögen, zeigen dem Leser, daß auch im Geist eines bedeutenden Intellektuellen ein kleiner oder großer Schweinehund leben kann, der den Zeitgenossen das Leben unerträglich machen kann.

Für die einen mag das ein Grund sein, sowohl die Philosophie, als auch den Menschen dahinter abzulehnen, für die anderen erklärt sich das jeweilige Werk gerade aus diesen persönlichen Schwächen. Eines zeigen die beiden Autoren jedoch mit ihrer Auswahl - auch das größte Genie kann im wirklichen Leben ein ziemlich bescheuerter Idiot sein.

Ist auf seiten des Lesers jetzt Häme und Spot angebracht? Natürlich nicht, denn wer kultiviert nicht seine eigenen Macken und hält sie auch noch für besondere Charaktervorzüge? Warum sollten Philosophen anders sein als Sie und Ich?




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