Buchkritik -- Martin von Creveld -- Wir Weicheier

Umschlagfoto, Buchkritik, Martin von Creveld, Wir Weicheier , InKulturA "Wir sind nur noch von Freunden umgeben". Diese Floskel erfreut sich bei deutschen, Politikern großer Beliebtheit, beweist sie doch scheinbar, dass ein Zeitalter des Friedens angebrochen ist, in dem die nur noch selten auftretenden Konflikte verbal gelöst werden. Dabei, ein Blick rund um den Globus ernüchtert, haben bewaffnete Konflikte zugenommen, deren Existenz ein wohlstandsverwahrloster Westen verdrängt. In Gestalt des islamischen Terrors hat der Feind jedoch längst europäischen Boden erreicht und der informierte Bürger reibt sich verwundert die Augen, angesichts der Untätigkeit der politisch Verantwortlichen hinsichtlich dieser Bedrohung.

Die Verharmlosung dieser neuen Gefahr, der mangelnde Wille zur robusten Selbstverteidigung und die praktizierte Anbiederung - in Deutschland sind die sog. Islamkonferenzen in Wirklichkeit Bitten um Waffenstillstand - an die Feinde der westlichen Werte sind jedoch nur das Symptom einer tiefer liegenden Krise, die alle westlichen Staaten betroffen hat.

Eine fatale Mischung aus Infantilisierung, Pazifizierung und Feminisierung sind, so Martin van Creveld, das neue Credo angewandter Politik. Jugendliche werden kontrolliert, gegängelt und überwacht und von den Alten als Bedrohung und Konkurrenten wahrgenommen. Der Autor führt diesbezüglich zahlreiche Beispiele aus den USA an, die den Leser der deutschsprachigen Ausgabe in Erstaunen versetzen, hat er doch für den europäischen Raum den Eindruck, dass hier die Jugendlichen sich mehr oder weniger sich selbst überlassen werden und eher Gefahr laufen, zu verwahrlosen.

Wie dem auch sein, eine lange Phase des Friedens – Kriege wurden und werden ausschließlich weit weg vom Westen geführt – hat einen tiefen Wandel der Gesellschaft verursacht. Militärische Auseinandersetzungen sind für moderne Staaten zum Tabuthema geworden. Damit einhergehend fand, von linken Mainstreammedien unterstützt, eine moralische Demontage der Streitkräfte statt, die, wenn Soldaten mit richterlichem Segen als Mörder bezeichnet werden dürfen, am Selbstverständnis und der Kampfbereitschaft der Truppe nagt.

Die Verweiblichung der Streitkräfte, die politisch verordnete Quote für Frauen auch in kämpfenden Einheiten trägt ebenfalls zum Verlust der Kampfkraft bei. Frauen sind in allen körperlichen Belangen den Männern unterlegen. Da nicht sein kann, was nicht sein darf, werden Anforderungen an weibliche Soldaten gesenkt oder, was für eine Farce, stillschweigend gestrichen. Anstelle absoluter körperlicher Fitness und geistiger Selbstdisziplin stehen jetzt "soft skills" im Anforderungskatalog des Militärs. Dass mit denen zu allem bereite Terroristen nicht aufgehalten werden können, ist für Creveld mehr als offensichtlich. "Hätten die modernen westlichen Staaten mit Absicht ein Ausbildungssystem erfinden wollen, das die jungen Männer in Weicheier verwandelt, die an jedem Kriegsschauplatz der Dritten Welt unweigerlich besiegt werden, so hätten sie kaum erfolgreicher sein können."

Die Krise des Militärs ist ebenfalls eine Krise der Gesellschaft. Wenn das Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten sich zugunsten ersterer ändert, wenn also der inflationäre Anspruch auf wie auch immer begründete Rechte die zugrunde liegenden Pflichten negiert, dann befindet sich ein politisches und soziales System in einer gefährlichen Schieflage, mit den von Creveld angesprochenen Auswirkungen.

Ein Kapitel widmet der Autor dem, wie er es nennt "Konstrukt" der Posttraumatischen Belastungsstörung. Krieg ist ein schreckliches Handwerk. Das weiß auch Martin van Creveld. Sein Rekurs auf die Militärgeschichte zeigt allerdings, dass PTBS eine Erfindung der Moderne ist, die zum einen das Ziel hat, Krieg generell moralisch zu delegitimieren und zum anderen einer bestimmten Berufsgruppe auf Dauer Ein- und Auskommen zu garantieren.

"Wir Weicheier" stimmt nachdenklich, denn ausgerechnet in Zeiten zunehmender Bedrohungen durch religiöse Fanatiker, politische Extremisten und auch eine immer brutaler sich gebende Organisierte Kriminalität – die Länder Südamerikas sollten Europa und den USA als abschreckendes Beispiel dienen – stellt Creveld einen dramatischen Rückgang der Verteidigungsbereitschaft fest.

Deren Fundament wird im Westen durch eine konzertierte Aktion von Politik und Medien bereits in früher Kindheit zerstört, denn wer Jungen das Raufen aberziehen will und männliche Eigenschaften per se als gesellschaftlich unerwünscht deklariert, der darf sich nicht wundern, wenn im Ernstfall niemand mehr da ist, der bereit zur Verteidigung des Eigenen ist.

Dass bei den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Kölner Sílvesternacht 2015, verübt von, wie die Bundeskanzlerin es ausdrücken würde, "Menschen, die noch nicht so lange hier leben", kein einziger der Angreifer ins Krankenhaus eingeliefert wurde, im Klartext also kein Autochthoner bereit war, in den Verteidigungsmodus zu schalten, beweist, dass, in diesem Fall, deutsche Männer in der Tat nur noch Weicheier sind.




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Veröffentlicht am 7. Mai 2017