Buchkritik -- Christina Walker -- Auto

Umschlagfoto, Buchkritik, Christina Walker, Auto, InKulturA Ausgerechnet in ein Auto, schlechthin das Symbol für Mobilität, zieht sich der ehemalige Vertreter Busch, also einer, der schon von Berufswegen dazu gezwungen ist, Termine mit Kunden, Buchhändlern, einzuhalten; dazu den Koffer voll mit schweren Exemplaren, zurück. Will sich entschleunigen, dem Trott, nicht zuletzt dem Erwerbstrott, entziehen und die Welt von nun an aus einer anderen Perspektive, des Nichtstuns und des schlichten Da-Seins betrachten.

Es ist leider nicht so einfach, wie er es sich vorgestellt hat. Sein ausrangierter Mercedes zu klein, zu eng, um darin komfortabel zu schlafen. Für die Nachbarn ist der Wagen bestenfalls ein Objekt, das stört, das entfernt werden muss, ein Schandfleck für die bürgerliche Ordnungsvorstellung.

Doch auch menschlich gelingt der Ausstieg nicht so richtig. Zu verwoben ist das Leben mit den Annehmlichkeiten der noch nicht entschleunigten Umwelt. Kommunikation muss betrieben werden. Vordringlich mit Frau und Sohn. Die gestaltet sich schwieriger als erwartet, denn wie den Lieben klarmachen, dass der Papa jetzt ein vollkommen anderes Leben führen wird? Auch warmes Wasser, Kaffee und Nahrung liefert nur die vorläufig noch beschleunigte Variante der ihn umgebenden Gesellschaft. Es ist also alles andere als einfach, so ganz im Alleingang den Traum vom anderen Leben zu verwirklichen.

Augenzwinkernd lässt Christina Walker ihren einsamen Protagonisten die Widersprüche, die Schwierigkeiten und die Unvereinbarkeit von Theorie und Praxis erleben. Was eigentlich beim Prozess der Entschleunigung helfen sollte, führt geradewegs zu Einsamkeit und Unbehaustheit. Familie weg und das Auto, der Schandfleck in der Nachbarschaft, ebenfalls. Was bleibt? Endstation Parkbank und damit die nächste Eskalationsstufe auf der Suche nach dem vollendeten Da-Sein.




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Veröffentlicht am 5. September 2021