Buchkritik -- Peter Bieri -- Das Handwerk der Freiheit

Umschlagfoto  --  Peter Bieri --  Das Handwerk der Freiheit Freiheit. Ein Begriff der scheinbar seine Erklärung in sich selber besitzt und der sich doch dem Verstehen immer wieder entzieht. Was ist sie, diese in aller Munde beschworene, besungene, oft mißbrauchte und doch nie verstandene Freiheit. Wer ist eingentlich frei und wovon oder wozu?. Wer über das Wesen und die Bedeutung von Freiheit refektiert, der stößt bald, allzubald, auf Widersprüche, Ungereimtheiten und Paradoxien.

Peter Bieri hat versucht in seinem Buch Das Handwerk der Freiheit diese philosophischen Untiefen auszuloten. Er führt dem Leser schnell in den Irrgarten der Freiheitsdiskussion. Wieder einmal muß zwar die Figur des Rodion Raskolnikow aus Dostojewskis Roman Schuld und Sühne für die Freiheitsstudien herhalten, doch das tut der Sache diesmal keinen Abbruch.(Ob sich wohl Dostojewski darüber im klaren war, wie sehr sein Roman von den Vertretern der verschiedenen Freiheitsphilosophen ge(miß)braucht wurde und wird?). In diesem Fall allerdings nimmt Bieri den Leser mit auf eine faszinierende Reise durch das Labyrinth der Begriffe. Geschickt legt er Fährten aus, auf denen man sich allzuleicht verirren kann. Zu schnell ist oft unser Urteil über das was wir erst erklären wollen.

Ist ein Mensch verantwortlich für seine Taten oder ist er nur ein Spielball seiner eigenen Geschichte. Ist der Wille des Menschen ein freier, aus seinen eigenen Reflektionen getroffen oder ein Spielball und eine Manifestation der individuelll gewesenen Zeitlinie? Der Autor versteht es mit einer dem Ernst des Themas angemessenen Sprache, doch die Fachterninologie der Philosophen meidend, diese Widersprüche aufzudecken und den Sinn des Lesers immer wieder auf neue, andere Details der Diskussion zu lenken.

Wir sind weder die ewig getriebenen unseres eigenen Schicksals noch die absolut freien Individuuen, die ohne Einschränkung dem Streben eines vollkommen freien Willens folgen. Sind wir erstere nicht aufgrund unserer Reflektionen, so sind wir auch die zweiten nicht, weil ein absolut freier Wille, ein Wille ohne Bezug zur uns umgebenden Realität nicht möglich ist.

Was uns, so Bieri, zu tun bleibt, ist die permanente Reflektion über unsere Ziele und Wünsche. Zu oft verbirgt sich hinter unseren vordergründigen Motiven ein sich in genau die Gegenrichtung bewegendes Wollen. Diese unter der Oberfläche der Psyche ablaufenden Wünsche gilt es wahrnehmen zu können. Basierend darauf gelingt es erst unseren eingentlichen Willen zu entdecken und sich ihm gemäß zu verhalten.

Peter Bieri stellt große Anforderungen an seine Mitmenschen. Freiheit ist nicht etwas, das uns von vornherein gegeben ist, sondern Freiheit muß von uns erworben werden. Trotz oder gerade wegen unserer eigenen Vergangenheit. Doch auch der Autor kommt zu dem Schluß, das Willenfreiheit ein Stück Glückssache ist. Nicht jedem ist es vergönnt sie sich so umfangreich wie möglich anzueignen. Willenfreiheit ist, so Bieri, in ihrer vollkommenen Ausprägung eher ein Ideal als eine Wirklichkeit. In diesem Sin ist der Titel des Buches Programm: Erworbene Freiheit ist ein starkes Stück Handwerk.

Peter Bieri führt in seinem Buch keine Diskusion für Philosophiestudenten, sondern er schreibt für den ganz normalen Leser. Das tut der Sache gut und dem Inhalt keinen Abbruch. Doch leidet ist das auch an dem sehr, sehr mageren Literaturverzeichnis zu spüren. Etwas mehr wäre hier besser gewesen. Wer sich an den leider allzuvielen Wiederholungen nicht stört, der findet in diesem Buch aber eine große Herausforderung zur eigenen Reflektion.




Meine Bewertung:Bewertung