Buchkritik -- Glenn Patterson -- Die blaue Bar

Umschlagfoto  -- Glenn Patterson  -- Die blaue Bar Der Barkeeper Danny erzählt die Geschichte der letzten friedlichen Tage des Belfaster Hotels International. Die "Blue Bar" ist der Treffpunkt von Bohemians, Flaneuren, Trinkern und Touristen. Hier prallen Schicksale aufeinander, Menschen begegnen und verlieren sich wieder, verlieben und verheiraten sich. Die Standesunterschiede scheinen sich zu verwischen und je länger der Abend voranschreitet, desto mehr erscheinen die Gäste ausschließlich als Bewohner Belfasts. Der Alkohol ist eben auch in Nord-Irland der größte Gleichmacher.

Glenn Patterson beschreibt die letzten Tage der Ruhe kurz vor dem Ausbruch des tragischen, so lange anhaltenden und so viele Menschenleben kostenden Konflikts zwischen Protestanten und Katholiken. Mit viel Liebe und Sympathie beschreibt er skuriles und tragisches. Niemals macht er sich auf Kosten seiner Figuren lustig. Patterson, selber Einwohner von Belfast, hat seiner Stadt ein bewegendes Denkmal gesetzt.

Die "Blue Bar", die blaue Bar scheint für wenige Momente der Mittelpunkt der Welt zu sein. Wer sie betritt, der erliegt ihrem eigentümlichen Charme. Danny und seine Kollegen sind die Verwalter diese Mysteriums. Sie kennen die meisten Gäste, wissen was sie bewegt und nehmen Anteil an ihrem Leben. Die Regeln dieser Bar sind dem Tagesablauf untergeordnet und haben die Bedeutung eines gut eingehaltenen Fahrplans.

Das Buch hat kein weltbewegendes oder hochdramatisches Thema. Für die Lektüre reicht ein verregneter Herbstnachmittag. Es sind die leisen Töne, die es anschlägt und die es so überaus lesenswert machen. Für einen Augenblick fühlt sich der Leser mitten drin in der blauen Bar, geborgen zwischen Guinness und Whiskey, umgeben von Gesprächen und Zigarettendunst. Fast betrauert man das Ende des Romans und das Ende des International mit seiner "Blue Bar".

Auch dieser Roman ist ein Beispiel dafür, wie gut es die Iren verstehen sich selber und ihre Mitmenschen in Geschichten einzubinden. Pattersons Buch ist eines derjenigen, die ich auf die berühmte einsame Insel mitnehmen würde.




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