Buchkritik -- Martin Bojowald -- Zurück vor den Urknall

Umschlagfoto  -- Martin Bojowald  --  Zurück vor den Urknall Bislang gilt in der Kosmologie der "Big Bang", der Urknall als Standardmodell der Entstehung des Universums. Hinter diesen kann man nicht zurückgehen, weil Raum und Zeit erst mit ihm entstanden sind. Die Frage, was vorher war, bzw. was diesen Urknall ausgelöst haben könnte, ist, so die aktuelle Definition, unsinnig, denn nichts kann dieser Ursprungssingularität vorausgegangen sein.

Unser Verständnis stößt in dieser Beziehung auf einen großen Widerspruch. Einerseits, so die Erklärung des Standardmodells, beginnen Raum und Zeit erst mit dem Urknall. Andererseits verlangt diese Vorstellung die Existenz eines "Etwas" aus dem Nichts heraus. Diese Unvereinbarkeit mit dem nach logischer Erkenntnis strebenden menschlichen Verstand, war bislang der große Schwachpunkt dieses Modells.

Martin Bojowald, ein deutscher Astrophysiker, der in den USA als Assistant Professor an der Penn State University lehrt und forscht, legt eine neue Theorie vor, welche den Urknall nicht als Beginn, sondern als Übergang betrachtet. Für den magischen Augenblick Null sind, so der Wissenschaftler, die Formeln der Relativitätstheorie sinnlos, denn die Werte für Dichte, Druck, Krümmung und Temperatur sind in diesem Augenblick unendlich.

Mit seinen Forschungen zur "Schleifen-Quantengravitation" legt er eine Theorie vor, die, deren Gültigkeit vorausgesetzt, nichts weniger behauptet, als dass es sehr wohl Zeit und Raum vor dem Urknall gab. Das Universum, in dem wir leben wäre danach eine inverse Kopie von sich selbst, vergleichbar mit einem Luftballon, der sich nach dem Ablassen der Luft durch sein eigens Mundstück umstülpt und sich spiegelbildlich in die andere Richtung wieder aufbläht.

Sollte sich seine Theorie bestätigen, dann hätte sie nicht nur wissenschaftliche, sondern darüber hinaus enorme gesellschaftliche Relevanz. Das bislang lineare Geschichtsverständis würde abgelöst werden durch ein zyklisches Modell, welches sich schwer mit den Aussagen der großen monotheistischen Religionen in Einklang bringen läßt. Die Konsequenzen dieser, noch zu verifizierenden Theorie wären so groß, dass sich das Ausmaß und der Umfang deren noch gar nicht überblicken lässt.

Das Buch bietet auch dem wissenschaftlichen Laien die Möglichkeit sich mit dieser, zweifellos faszinierenden, Theorie vertraut zu machen. In seinem Vorwort schreibt Martin Bojowald zu Recht, dass jeglicher wissenschaftliche Fortschritt nicht viel wert ist, wenn ihn ausschließlich Fachleute verstehen. In diesem Sinn hat er ein Buch veröffentlicht, das zwar dem Leser einiges abfordert, ihn doch niemals den Faden verlieren lässt.




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