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Buchkritik -- Craig Oliver -- Der Premierminister

Umschlagfoto, Buchkritik, Craig Oliver, Der Premierminister, InKulturA Marcus Valentine, der Premierminister von Großbritannien, präsentiert sich auf den ersten Blick als charismatischer und durchsetzungsfähiger Politiker. Seine äußere Fassade – smart, cool und unerschütterlich – hat ihm zweifellos den Weg an die Spitze des höchsten britischen Amtes geebnet. Doch hinter dieser glänzenden Oberfläche verbirgt sich ein skrupelloser Soziopath, der gnadenlos die Menschen um sich herum ausnutzt und einzig und allein seine eigenen Interessen verfolgt. Diese düstere Charakterisierung sollte der zentrale Anker des Romans sein, doch leider scheitert der Autor Craig Oliver daran, diese vielversprechende Prämisse wirkungsvoll zu entfalten.

Die Handlung des Buches nimmt eine dramatische Wendung, als Marcus Valentine zusammen mit seiner schwangeren Frau, seinem kleinen Sohn und einigen seiner Mitarbeiter nach einem Terroranschlag in den Schutzraum Pindar unter der Downing Street 10 flüchten muss. Was als spannungsgeladene Flucht beginnt, eskaliert schnell zu einem undurchsichtigen Machtspiel, das jedoch kaum die nötige Tiefe erhält, um den Leser wirklich zu fesseln. Obwohl die Ausgangssituation vielversprechend ist, bleibt die Umsetzung enttäuschend blass und uninspiriert.

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die flache Charakterzeichnung der Figuren. Sunil, Valentines politischer Berater, der ihm trotz eines in der Vergangenheit erlittenen Karriereschadens durch einen Diebstahl weiterhin zur Seite steht, wirkt wenig glaubwürdig und viel zu eindimensional. Ebenso bleiben seine Frau Abbie und Molly, die kürzlich eingestellte psychologische Beraterin für seinen schwierigen Sohn, hinter ihren Rollen stecken und bieten kaum Raum für echte emotionale Tiefe oder Entwicklung. Max, der widerwillig zum militärischen Berater ernannt wird, und Billie, die zu allem bereite Journalistin, sind ebenfalls kaum mehr als stereotype Nebenfiguren, die der Handlung wenig Substanz verleihen.

Darüber hinaus sind die Beschreibungen des offiziellen Amts- und Wohnsitzes des Premierministers sowie des Schatzkanzlers enttäuschend uninspiriert. Diese Schauplätze, die eigentlich eine wichtige Rolle in der Atmosphäre des Romans spielen könnten, werden entweder zu trist und grau dargestellt oder wirken so oberflächlich, dass sie jeglichen Versuch untergraben, eine dramatische und packende Stimmung zu erzeugen. Der Leser bleibt hier mit einem Gefühl der Leere zurück, da weder die Orte noch die dahinterstehenden Institutionen überzeugend zum Leben erweckt werden.

Auch die narrative Struktur, die auf Rückblenden setzt, um die Hintergründe der Eskalation im Untergrund zu erklären, wirkt unausgereift und wenig spannend. Anstatt spannende Einblicke in die politischen Machenschaften zu bieten, bleibt die Geschichte in ihrer Erklärungstechnik monoton und zieht sich endlos in die Länge. Die vermeintlichen Enthüllungen, die den Konflikt vertiefen sollten, sind weder überraschend noch gut ausgearbeitet, was die ohnehin schwache Charakterentwicklung weiter untergräbt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Der Premierminister“ von Craig Oliver weder einen tiefgehenden Einblick in die politischen Abläufe bietet noch eine glaubwürdige und fesselnde Erzählweise aufweist. Die vielversprechende Idee eines manipulativen Premierministers wird durch flache Figuren und eine schwache Umsetzung zunichtegemacht. Das Buch bleibt letztlich eine enttäuschende Erfahrung, bei der eine interessante Story durch eine schlecht ausgeführte Erzählkunst verloren geht.

Mein Fazit: Trotz eines potenziell spannenden Ausgangspunktes gelingt es Oliver, der sechs Jahre lang Kommunikationsdirektor für einen britischen Premierminister war, nicht, die Geschichte überzeugend und packend zu erzählen, wodurch der Roman seine Wirkung komplett verfehlt.




Meine Bewertung:Bewertung

Veröffentlicht am 14. November 2024