Buchkritik -- Richard David Precht/Harald Welzer -- Die vierte Gewalt

Umschlagfoto, Buchkritik, Richard David Precht/Harald Welzer, Die vierte Gewalt, InKulturA Bei den Medien, besser gesagt, bei der Hofbericht erstattenden Meute, liegt einiges, ach was, alles im Argen? Echt jetzt? Wer hätte gedacht, dass die Claque der Regierungspolitik außer den Fakten nahezu alles wiederkäut und Zeile für Zeile weiterbefördert, was die Herrschenden von sich geben. Selbstkritik der Edelfedern und deren möglichen Nachfolgern? Fehlanzeige.

Da kommen Precht und Welzer gerade recht, um der berichtenden Zunft die Leviten zu lesen. Moment, etwa der Richard David Precht, der sich während der gehypten Epidemie bezüglich eines globalen Killervirus stramm aufseiten deren befand, die noch so irre, rigide, nichtsdestoweniger sinnlose Maßnahmen befürworteten und den, wie sie von ihnen oft und gerne bezeichnet wurden, Schwurblern und Verschwörungstheoretikern die Pest, besser noch, das Coronavirus an den Hals gewünscht haben?

Schau einer an, als besagter Precht am eigenen Leib die Shitstorms der erregten Zeilen- und Mundhuren erfahren musste – er veröffentlichte mit andern eine andere Sicht des Ukrainekriegs – wurde es ihm wohl auf einmal bewusst, wie sehr die Karre der veröffentlichten Meinung im Dreck steckt.

Nun gut, besser späte Erkenntnis, als gar keine und so will ich dem Mann, dessen Mitautor aufgrund seiner früheren Veröffentlichungen sowieso, die Chance geben, mir zu erklären, was denn bitteschön schiefläuft bei den (halb)amtlichen Vertretern des sanft gelenkten Journalismus.

Dieser ist, wie die beiden Autoren behaupten, in Wirklichkeit die treibende Kraft der aktuellen Politik und hetzt unsere höchsten Angestellten, die Politiker, vor sich her. Daraus wird, so Precht und Welzer weiter, eine zähe Melange aus medialer Geilheit seitens der Herrschenden und perversem Sendungsbewusstsein der Medienvertreter.

Die Konkurrenz der gar nicht mehr so neuen Medien, die abseits von redaktionellen und finanziellen Interessen der etablierten Herausgeber und ihrer Werbekunden eine andere, auch nicht immer bessere Art der Berichterstattung pflegt, hat das journalistische Gewerbe arg durcheinandergewürfelt und sorgt dafür, dass sich die Altmedien ebenfalls auf den rasenden Zug mit dem Ziel Informationsverkürzung geworfen haben, der zugunsten eines, wie Precht und Welzer ihn nennen, Cursorjournalismus, dadurch auffällt, die jeweiligen ideologischen Blasen der Konkurrenten, Verzeihung, der ebenfalls im Qualitätsjournalismus tätigen Personen, mit kleinen Abwandlungen, zu übernehmen und damit letztendlich die Politik und deren Vertreter, die, geschuldet der Bildungskatastrophe – mein Einschub – über einen geschädigten Erkenntnisapparat verfügen, in bestimmte Richtungen und Handlungen treibt. Verkürzt: Die Journaille bestimmt die Politik des Landes und einer schreibt vom anderen ab.

Richtig? Falsch! Wer sich noch an die Finanzkrise von 2008 erinnert und die Einladung der Herausgeber der „Leitmedien“ durch die damalige GröKaZ Merkel, mit deren Bitte, das Volk nicht durch knallharte Fakten zu beunruhigen und das gehorsame Strammsteher besagter Eigentümer und Verleger, der weiß, wer die Richtung vorgibt. Wer dann auch noch im Oberstübchen die Einmischungen und thematischen Vorgaben, euphemistisch als Projekte bezeichnet, gelangweilter Milliardäre und großem Sendungsbewusstsein parat hat, der weiß ebenfalls, wer ebenfalls noch die Richtung bestimmt.

Precht und Welzer bringen nichts wesentlich Neues zum Problemfall der vieren Gewalt. Ideologische Verblendung, das Pflegen der eigenen Meinungsblasen, Selbstreferenzialität und immer der Blick nach links, was der geschätzte Kollege oder Kollegin gerade schreibt, keine eigene Meinung außer der des erlaubten Mainstreams, das alles sind alte, längst bekannte Hüte.

Wie könnte das verändert werden? Dazu machen die Autoren einen Vorschlag. Man müsste, so wie bei der Öffentlich-Rechtlichen-Verdummung, bei der durch Zwangsgebühren finanzierten Hofberichterstattung, ebenfalls einen öffentlich geförderten europäischen Journalismus etablieren.

Jetzt bekomme ich endgültig Schnappatmung.




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Veröffentlicht am 14. November 2022