Buchkritik -- Stefan Koldehoff / Tobias Timm -- Falsche Bilder Echtes Geld

Umschlagfoto Falsche Bilder Echtes Geld Wenn Kunst ihres ästhetischen Charakters beraubt wird und sie nur noch als Spekulationsobjekt für Steuerhinterzieher betrachtet wird, dann ruft das unweigerlich kriminelle Elemente auf den Plan, welche die, wie auf jedem anderen Markt, Bedürfnisse befriedigen. Angebot und Nachfrage bestimmen auch den Kunstmarkt. Käufer und Verkäufer spielen gemeinsam ein Spiel, das, meist vor der Öffentlichkeit verborgen, dafür sorgt, dass Kunstwerke in den gut gesicherten Räumen eines Investors verschwinden oder in den Kellern von Galerien auf die nächste Wertsteigerung warten.

In diesem oft irrationalen Marktverhalten schlägt die Stunde der Kunstfälscher. Einer davon ist Wolfgang Fischer, besser bekannt unter dem Namen seiner Ehefrau, Wolfgang Beltracchi. Stefan Koldehoff und Tobias Timm haben in ihrem Buch "Falsche Bilder - Echtes Geld" diesen, so wie sie es ausdrücken Fälschungscoup des Jahrhunderts minutiös beschrieben und dabei das manchmal fatale Zusammenspiel von Galeristen, Käufern, Kunstexperten und Kriminellen entlarvt.

Gemeinsam mit seiner Ehefrau, Otto Schulte-Kellinghaus und anderen Komplizen fälschte Beltracchi jahrelang Bilder von Maler wie Heinrich Campendonk, Max Ernst und Max Pechstein und verdiente durch ihren Verkauf einen Millionenbetrag.

Die Autoren gehen den Mechanismen nach, unter denen dieser Betrug inszeniert werden konnte und kommen zu dem wenig schmeichelhaften Ergebnis, dass man auch im internationalen Kunsthandel mit einer gewissen Berechtigung vom Vorhandensein krimineller Strukturen sprechen kann. Hier treffen sie aufeinander, präpotente Selbstdarsteller, renommeesüchtige Museumsdirektoren, selbstgefällige Experten und unwissende Laufburschen.

Sie alle wurden von den Beltracchis und ihren Helfern hinters Licht geführt. Der Leser kann angesichts der im Buch beschriebenen Naivität von sogenannten Sachverständigen nur staunen. Ebenso über die Profitgier der internationalen Kunstschickeria, die sich in der Öffentlichkeit so gern das Mäntelchen des ehrbaren und gehobenen Lebensstils umhängt.

Man könnte das ohne Zweifel geniale Unterfangen dieser Bande als Husarenstück unter Millionären abtun, wenn, ja wenn der Prozess gegen Beltracchi & Co. nicht so eine überrraschende Wende genommen hätte. Bereits nach wenigen Tagen endete er mit einem Urteil, dass aufgrund eines Deals mit der Staatsanwaltschaft für die Angeklagten mehr als erträglich war.

Wie so oft, bleiben auch hier die wesentlichen Dinge, nämlich die Verflechtungen der internationalen Kunstszene mit kriminellen Aktivitäten wie Steuerhinterziehung im Dunkeln. Durch die umfangreichen Geständnisse der Beltracchis konnten sie für sich milde Urteile herausschlagen. Wirklich spannend wäre es jedoch gewesen, wenn durch diesen Prozess mehr über die Nutznießer und Profiteure des Kunsthandels herausgekommen wäre.

"Falsche Bilder - Echtes Geld" von Stefan Koldehoff und Tobias Timm ist die spannende Beschreibung einer kriminellen Subkultur, deren Vertreter sich so gern als gesellschaftliche Elite verstehen.




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