Buchkritik -- Kurt Flasch -- Warum ich kein Christ bin

Umschlagfoto, Kurt Flasch, Warum ich kein Christ bin, InKulturA Kurt Flasch ist kein Christ mehr. Warum er seinen Glauben verloren hat, schildert er in seinem Buch "Warum ich kein Christ bin". Gleich zu Anfang betont der Autor, dass er damit nicht auf den heutigen Zustand der Kirchen zielt, sondern auf die von ihnen verkündeten und verordneten Lehren, die, Kurt Flasch muss in einem Paralleluniversum leben, seiner Meinung nach auch in der Gegenwart weitreichende Anerkennung und "große Schonung" erfahren.

Der 83jährige Mainzer Philosophiehistoriker zieht in seinem Buch eine private Bilanz dessen, was ihn im Lauf der Zeit vom christlichen Glauben entfremdet hat. Flasch, der wie er schreibt, das Christentum nach eigenem Zeugnis "unter denkbar günstigen Bedingungen" kennenlernte und der keine traumatischen Erlebnisse mit der Kirche hatte, beschreibt die Entwicklung seines Zweifels, den er während seines Studiums durch den Kontakt mit Historikern erhielt, die antike Texte kritisch-historisch prüften und auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersuchten.

Diese Methode fand, so Flasch, jedoch keine Anwendung in Bezug auf die Interpretation biblischer Texte. Und gerade hier liegt die Crux des Buches. Flasch prüft die historischen Quellen des Christentums und kommt zu dem Schluss, dass die Wundererzählungen, die Prophezeiungen und vor allen die Theodizee, die Rechtfertigung Gottes hinsichtlich des auf der Welt herrschenden Leidens mehr als fragwürdig, ja, so wiederum Flasch, sogar unglaubwürdig sind. Aber sicher sind sie das. Es ging ausschließlich darum, wie in allen drei monotheistischen Religionen, das ungebildete Volk von der Kraft des Glaubens zu überzeugen. Das hat dann auch Jahrhunderte lang funktioniert.

Es verwundert schon etwas, dass ein Philosophiehistoriker mit einer solchen Verve gegen den christlichen Glauben zu Felde zieht. Gerade in einer Zeit, die sich, im Gegensatz zu Flaschs Einschätzung einer weltweiten Anerkennung des christlichen Glaubens, dadurch kennzeichnen lässt, dass dieser immer mehr an Bedeutung verliert - und damit ein Vakuum hinterlässt, das eine andere Religion (Islam) nur allzu gern füllt - stellt ein Buch wie "Warum ich kein Christ bin" eigentlich nur den persönlichen Abgesang auf eine Religion dar, die, Kurt Flasch bedauert das "Wenn schon Religion, dann prall und sozial, als Volksfest mit Wundern, Weihrauch und Trompeten, mit Wein und Porchetta." eben keine Wunder mehr bereithält.

Wer von der Religion verlangt, dass ihre Texte genauso interpretiert und auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht werden müssen, der hat das Wesen der Religion nicht verstanden. Wer z. B. die Schöpfungsgeschichte infrage stellt, der hat, bei allem Respekt, die Aufgabe der Religion nicht verstanden. Niemand, und das sieht Flasch vollkommen richtig, nimmt die Mythen gerade des Alten Testaments für wahr. Sogar Pfarrer winden sich in Argumentationsnot, wenn die Frage nach dem Willen Gottes und dem Leid von Kindern gestellt wird.

Kurt Flasch setzt argumentativ am falschen Ende an, wenn er seine persönlichen Zweifel am Christentum akzentuiert, den aktuellen Zustand der christlichen Kirche jedoch dabei ausklammern will. Dabei ist es gerade der seit Jahren zu verzeichnende Zustand der Beliebigkeit und der intellektuellen Ratlosigkeit, der für den Niedergang des christlichen Glaubens steht.

Die Kirche in ihrer organisierten Form hat es nicht verstanden, sich in einer Zeit zu verorten - und neu zu positionieren - in der sozial- und gesellschaftswissenschaftliche, aber auch politische Theorien sich anschicken, Ersatzreligionen zu werden. Der christliche Glaube hat freiwillig Terrain preisgegeben und das lässt sich nicht so einfach wiedererlangen.

"Warum ich kein Christ bin" von Kurt Flasch ist ein ehrliches und persönliches Bekenntnis eines Zweiflers, ja eines fast Verzweifelten angesichts der ausbleibenden Wunder. Die werden wohl auch in Zukunft Mangelware bleiben.




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