Buchkritik -- Emil Hakl -- Regeln des lächerlichen Benehmens

Umschlagfoto, Emil Hakl, Regeln des lächerlichen Benehmens, InKulturA Wenn man an das Klischee des 50-jährigen Mannes glaubt, der beruflich erfolgreich zu sein hat, finanziell abgesichert ist und als Vater von Kindern den Zeithorizontrahmen der Generationenfolge erweitert, dann ist Honza ein Anti-Held. Er ist zwar ebenfalls um die Fünfzig, doch weder als Schriftsteller besonders erfolgreich, geschweige denn als Familienvater eine große Nummer. Sein Buch verkauft sich mäßig und seine Tochter hat er noch nie gesehen.

Durch Zufall, genauer gesagt durch eine Bierlaune, stellt er sein Gesicht für eine Werbekampagne der Tschechischen Staatsbahnen zur Verfügung, nachdem ein professioneller Darsteller das Angebot als zu wenig lukrativ abgelehnt hat. Honzas Gesicht taucht jetzt zwar auf den Werbeplakaten auf, doch an seiner prekären Situation ändert das nicht viel. Im Gegenteil, seine Gläubiger setzen ihm noch mehr zu.

Da trifft es sich gut, dass er mit Rulpo und Murgy zwei Geistesverwandte kennenlernt, die zwar ebenso sozial verwahrlost sind wie Honza, deren über zwanzig Jahre jüngeres Temperament auf ihn jedoch fasziniert und sogar zum Gleitsegeln animiert.

"Regeln des lächerlichen Benehmens" von Emil Hakl ist Roman, der es seinem Leser nicht leicht macht, sich mit den Figuren anzufreunden. Eher von den Situationen Geworfene als vom Leben Getriebene führen die drei ein reaktives, ein von Zufällen bestimmtes Leben. Erst der letzte Wunsch von Honzas Vater, nach dessen Tod seine Asche im Meer zu verstreuen, gibt so etwas wie eine gemeinsam einzuschlagende Richtung vor.

Natürlich hat auch dieses Unterfangen seine Tücken, die nicht zuletzt dem doch etwas vom bürgerlichen Habitus abweichenden Lebenstempo der drei Männer geschuldet sind. Ohne Plan machen sie sich auf den Weg nach Rumänien, um schlussendlich mit einem kleinen Boot, das zudem erst unter auch für die drei Lebenskünstler merkwürdigen Bedingungen angemietet werden konnte, durch das Donaudelta zu irren und ohne ihr Ziel zu Gesicht zu bekommen, unfreiwillig wieder dort enden, wo ihre Bootsfahrt begonnen hat.

Erst als Honza zum ersten Mal im Roman eine bewußte Entscheidung trifft, er trennt sich von Rulpo und Murgy, um dem letzten Wunsch seines Vaters zu entsprechen, gelangt er, anscheinend zum ersten mal in seinem Leben, an sein, an überhaupt ein Ziel.

Der Leser schwankt bei der Lektüre zwischen den Gefühlen von Mitleid und Unverständnis gegenüber dem hin und her geworfenen Honza. Fast ist man versucht dem Titelhelden zuzurufen, er möge doch endlich sein Leben auf die Reihe bekommen und Verantwortung dafür zu übernehmen.

So wie Honza das Paradebeispiel eines Anti-Helden darstellt, ist "Regeln des lächerlichen Benehmens" ein Anti-Roman, der seine eigentliche Wirkung weit unterhalb der Erzählebene entfaltet. Auf der Metaebene des individuell narrativen Interpretationsmusters ist das Buch eine stringente Analyse oft anzutreffender männlicher Verhaltensmuster und hier schlägt das Honza entgegengebrachte Mitleid des Lesers um in eine gnadenlose Kritik männlicher Lebensentwürfe.

Der neue Roman von Emil Hakl ist der Tat eine zynische Bestandsaufnahme lächerlichen Benehmens.




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