Buchkritik -- Jo Nesbø -- Messer

Umschlagfoto, Buchkritik, Jo Nesbø, Messer, InKulturA Der beste Ermittler der Osloer Polizei ist wieder rückfällig geworden. Dem Alkohol zugeneigt und die Kontrolle über sein Trinkverhalten verloren, ist er seinen Job beider Polizeihochschule los und einmal mehr ein stinknormaler Polizist, der sich mit staubigen Akten herumschlagen muss. Als wenn das nicht reichen würde, hat ihn seine große Liebe Rakel, die Person, die Harry so etwas wie Stabilität gegeben hat, aus dem gemeinsamen Haus geworfen. (Erst spät erfährt der Leser den Grund dafür.) Anlass genug für Hole, sich in Selbstmitleid zu wälzen und dem exzessiven Genuss bewusstseinserweiternder Getränke zu frönen. Harry Hole am Ende?

Als er nach einer ausgiebigen Sause erfährt, dass Rakel einem Mord zum Opfer gefallen ist, weckt diese Nachricht noch einmal den Tiger in ihm und er macht sich, natürlich auf seine Weise und, da das Opfer in einer persönlichen Beziehung zu ihm stand, von Fall abgezogen, ohne Rückendeckung seiner Behörde, auf die Suche nach dem Täter.

So weit, so gut – könnte man sagen, wenn nicht Jo Nesbø daraus einen, in großen Teilen weitschweifigen Kriminalroman gemacht hätte, der vom Leser viel Geduld fordert. In Manier US-amerikanischer Krimiserien werden, einer nach dem anderen, Verdächtige präsentiert, wieder entlastet, neue gefunden, deren Alibis sich allerdings ebenfalls als wasserfest erweisen und zum Schluss, CSI lässt grüßen, die für dem Mord verantwortliche Person, die natürlich niemand, auch Harry nicht, auf dem Schirm gehabt hat, ermittelt.

Weit, sehr weit – Afghanistan und die dortigen schrecklichen Erlebnisse - holt Nesbø aus, um den Figuren des zwölften Bands um den saufenden Ermittler Leben einzuhauchen und der Leser stellt sich mehr als einmal die Frage, ob es in Holes Welt überhaupt Menschen gibt, die keinen psychischen Defekt aufweisen. Es wimmelt nur so von traumatischen Erlebnissen, die das Handeln der Personen beeinflussen und diese nicht zuletzt zu einem munteren „Bäumchen wechsel Dich“-Spielchen treiben.

Na klar, jeder Mensch ist unter bestimmten Voraussetzungen dazu bereit, einen anderen zu töten. Eine Binsenweisheit, die der Autor bis zum Abwinken in die Gehirne der Leser hineinschreiben will. Dazu ein, ich sage mal etwas respektlos, running Gag in Form des 2,5 Minutenbefruchters Svein (Verlobter) Finne, der sich auf seine ganz spezielle Weise an Harry rächen will, am Ende jedoch, präzise gezielt, aus dem Rennen genommen wird und sich bestens als Sündenbock eignet.

Harry, bitte nehme ruhig mal eine lange Auszeit!




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Veröffentlicht am 20. Oktober 2019