Buchkritik -- Timur Vermes -- Die Hungrigen und die Satten

Umschlagfoto, Buchkritik, Timur Vermes, Die Hungrigen und die Satten, InKulturA Da erscheint endlich ein Roman über das alles überschattende Thema der letzten Jahre und im feuilletonistischen Blätterwald gibt es nur ein laues Lüftchen. Man nimmt eben zur Kenntnis, dass Timur Vermes nach seinem Hitler-Revival jetzt ein Buch über das Thema Migration, Flüchtlinge, Medienhype und Politikversagen geschrieben hat. Mit hochgezogenen Augenbrauen und spitzen Fingern nähern sich die Rezensenten dieser Satire, wohl wissend, dass der Autor so massiv vom Leder gezogen hat, dass sich letztendlich auch die Qualitätsblätter wohl irgendwie dar- und bloßgestellt sehen.

Europa hat sich gegenüber dem Flüchtlingsstrom aus Afrika abgeschottet. Deutschland in der Post-Merkel-Zeit, die Kanzlerin wurde gestürzt, hat eine Obergrenze eingeführt und jenseits der Sahara gibt es riesengroße Lager, in den Millionen Flüchtlinge warten. Worauf? Auf irgendetwas, einen Transfer nach Europa, den nächsten Tag, etwas zu essen oder auf Neuigkeiten.

Eine strohdumme, aber äußerst telegen daherkommende Moderatorin besucht eines dieser Lager und mutiert zu einer Mutter Theresa mit Werbeauftrag, die für ihren Sender mit einem neuen Format, Dokosoap im Migrantenghetto, für traumhafte Einschaltquoten und Werbeumsätze sorgt. Nadeche Hackenbusch, allein dieser Name ist den halben Preis des Buches wert, ein aufgehender Stern im Privatfernsehen, ist eine dummsprechende, ungebildete und stets auf Eigenwirkung bedachte Person, die in der Realität des mit Zwangsabgaben gemästeten Staatsfernsehens viele, sehr viele KollegInnen hat. Grandios, wie Vermes einmal mehr über Medien und „Medienschaffende“ seinen Spott ergießt.

Die Chefs vom „Engel im Elend“, sind ebenfalls intellektuelle Leichtgewichte, die es jedoch verstehen, das Publikum, das dem Niveau der Moderatorin angepasst ist und millionenfach vor den Fernsehgeräten verfault, mit tränen- und rührseligen Storys zu unterhalten. Da passt es formidabel, dass sich der Engel in einen mattschwarzen Flüchtling, die Redaktion nennt ihn Lionel, verliebt, denn diese Lovestory sorgt noch einmal dafür, dass die Einschaltquoten explodieren.

Lionel will unter allen Umständen und mit allen Mitteln nach Deutschland, nach Germoney, und so sinnt er, zusammen mit einem findigen Ex-Schleuser, dessen Einnahmen wegen der europäischen Abschottung wegbrachen, nach einer Möglichkeit, seinen Traum wahr werden zu lassen. Diese kommt schneller, als er es gehofft hatte. Sein krimineller Kumpel tüftelt einen Plan aus, der, generalstabsmäßig in die Realität umgesetzt, dazu führt, das sich auf einmal hunderttausende von Migranten auf den Weg nach Europa, nach Deutschland machen.

Angeheizt durch die Starmoderatorin und ihrem Sender, der live vom Zug der Elenden berichtet, schließen sich der Karawane mehr und mehr Menschen an. Die Politiker oder Militärs der Länder, durch die die Lawine zieht, erkennen schnell die sich bietende Gelegenheit ein paar tausend Flüchtlinge loszuwerden und so erlauben sie ausschließlich einen Weg, der an möglichst vielen Flüchtlingslagern vorbeiführt. Die werden schnell leer und der Treck wird immer umfangreicher.

Das letzte Bollwerk ist, so glaubt es zumindest der neue Innenminister, sein Vorgänger fiel einem Attentat zum Opfer, nachdem er öffentlich auf die sog. Chancen Deutschlands durch die Aufnahme von Flüchtlingen hingewiesen hat, die Türkei. Da hat er sich aber gewaltig geirrt, denn die hat diesbezüglich andere Pläne und mit orientalischer Finesse löst sie das Problem auf ihre Weise.

Nachdem jetzt das Tor nach Europa/Deutschland weit offen steht, hat die deutsche Politik, die, Vermes beschreibt es wunderbar, durch Abwesenheit glänzt, keine Chance mehr, das Chaos zu verhindern. Hilfe kommt, und dieser Schluss ist wohl auch der Grund für die spitzen Finger der veröffentlichten Kritiken, von unbekannter Seite, die dem Spuk ein gnadenloses Ende setzt.

Timur Vermes gegen alle; die Medien, die um der Einschaltquoten willen zu allem bereit sind, die Politik, die sich weigert ihre von Bürger erwarteten Aufgaben und Pflichten zu erfüllen und vom Zeitgeist paralysierte Zuschauer, die sich wohlig aus der Ferne den Zug der Hungrigen anschauen. Das alles geht solange gut, bis die Millionen tatsächlich vor den Toren Deutschlands auftauchen.

Noch ist dieses Szenario nur Phantasie. Doch was würde geschehen, setzte sich wirklich eine Karawane der Armen in Bewegung? Hätte Deutschland aktuell den Mut, das zu tun, was der von allen linken Medien und Gutmenschen gescholtene US-amerikanische Präsident unternimmt, um eine ähnliche Menschenschlange am illegalen Betreten der USA zu hindern?

„Die Hungrigen und die Satten“, eine irre Geschichte, bei der einem das Lachen oft im Hals stecken bleibt.




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Veröffentlicht am 8. Dezember 2018