Buchkritik -- Daniel H. Wilson -- Das Implantat

Umschlagfoto, Daniel H. Wilson, Das Implantat, InKulturA Als Jugendlicher hatte Owen Gray einen schweren Unfall, dessen bleibender Schaden im Auftreten von epileptischen Anfällen besteht. Sein Vater, ein Neurowissenschaftler, setzt ihm ein Implantat ein, das die Anfälle verhindern soll. Doch nicht nur Owen ist Träger solch eines Gerätes, sondern auch viele andere Bürger, die mit Hilfe dieser neu entwickelten Technik von ihren körperlichen und geistigen Handicaps befreit werden und ihnen dadurch ein normales Leben ermöglicht wird.

Durch diese technische Möglichkeit treten jedoch im Rest der Bevölkerung Ressentiments gegenüber den "Amps" - so die Implantatträger im Volksmund - auf, die durch den US-Senator Joseph Vaughn und seine Organisation "Pure Human Citizen's Council" heftig geschürt werden.

Es stellt sich heraus, dass die Implantate nicht nur die körperlichen und geistigen Behinderungen lindern, sondern sie verhelfen ihren Trägern auch zu unglaublichen Leistungen, gegen die die "normalen" Bürger keine Chancen haben. Dass diese Veränderungen Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben haben und dass daraus die Frage nach einer neuen Definition von Gerechtigkeit und Chancengleichheit entsteht, schildert der Roman leider nur oberflächlich.

"Das Implantat" von Daniel H. Wilson greift ein Thema auf, dessen Brisanz evident ist. Wie reagiert eine Gesellschaft auf die Herausforderung der technisch machbaren Verbesserung menschlicher Leistungsfähigkeit? Da es bereits im Bereich des Möglichen liegt, durch die Stimulation bestimmter Gehirnregionen sehbehinderten Menschen ein dem menschlichen Augenlicht nahekommendes Sehvermögen zu geben, ist eine weitere und intensivere Nutzung dieser Technologie zu erwarten.

Der Autor artikuliert ohne Frage ein spannendes Thema, doch leider ist der Roman weder Fisch noch Fleisch und bleibt gefangen in einer Sphäre des Unentschlossenen. Natürlich gibt es die üblichen Protagonisten. Owen, der unfreiwillig erkennen muss, dass auch er ein "Amp" ist, wird gezwungen Position zu beziehen. Sein Gegenspieler, der schwarze Ritter, ist Senator Vaughn, der aus den Konflikten zwischen "Amps" und "Normalen" politischen Einfluss gewinnen will.

Insofern ist der Roman nur ein durchschnittliches Beispiel für einen Politkrimi, dem jedoch leider die Spannung fehlt. Natürlich stellt sich heraus, dass auch Vaughn manipuliert wurde und das einige "Amps" ihre eigenen Ziele verfolgen. Diese Konstellation ist durchaus genreüblich, angesichts der Möglichkeiten, die dieses hoch brisante Thema jedoch bietet, nicht auch nur annähernd ausgeschöpft.

Wilson versucht durch die den einzelnen Kapiteln vorangestellten Nachrichten- und Regierungsmeldungen so etwas wie Authentizität zu erzeugen, doch er versäumt die Chance, die Ängste und Befürchtungen der beiden Gruppen konkret zu erläutern. Aus diesem Grund ist "Das Implantat" ein beim Leser das Gefühl der Ratlosigkeit zurück lassender Roman, der weder einen Kriminalroman noch eine Science Fiction Geschichte, geschweige denn einen Gesellschaftsroman darstellt.

Das ist sehr schade, denn die gesellschaftlichen Implikationen des technischen Fortschritts sind eigentlich immer für einen spannenden Roman gut. "Das Implantat" von Daniel H. Wilson gehört leider nicht dazu.




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Veröffentlicht am 13. März 2014