Buchkritik -- Tino Hemmann -- Jonny Juicebag: Der allerletzte Weltraum-Kurier

Umschlagfoto  -- Tino Hemmann  --  Jonny Juicebag: Der allerletzte Weltraum-Kurier Wer Science Fiction abseits gängiger Klischees von Raumschlachten und technikverliebten Darstellungen zu schätzen weiß, der kommt bei den skurrilen Abenteuern von Jonny Juicebag, dem allerletzten Weltraum-Kurier auf seine Kosten. Augenzwinkernd und herrlich persiflierend nimmt Tino Hemmann das Genre der Zukunftsvisionen aufs Korn.

Das Universum ist bevölkert von allerlei Kreaturen, die aufgrund der unendlichen galaktischen Evolutionsmöglichkeiten ein Kaleidoskop des verwirklichten Lebenswillen unterschiedlicher Spezies darstellen. Doch bei aller äußerlichen Verschiedenheit der Lebensformen wird das Universum von Konstanten beherrscht, die anscheinend nicht nur der menschlichen Spezies zu eigen sind. Gewalt und Profitgier sind auch in den Galaxien schier unveränderliche Größen, denen sich niemand auf Dauer entziehen kann.

Jonny Juicebag gerät auf seinem Weg zur Erde zwischen die Fronten einer galaktischen Auseinandersetzung und wird hineingerissen in einen Strudel aus Intrigen und Verwirrspielen. Ihm zur Seite steht Gouge, ein Roboter, dessen melancholisches Wesen und seine manchmal verzweifelt anmutenden Bemühungen, seinem Besitzer Zeugnisse der Zuneigung abzugewinnen, in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft dazu führen werden, ihn in einem Atemzug mit seinem berühmten Kollegen Marvin zu nennen.

Jonny Juicebag ist leider nicht im Besitz der Ökoplakette, die ihn dazu berechtigt, in den Erdorbit einfliegen zu dürfen. Sein Bemühen, sich diese zu besorgen, was natürlich nur in einer weit entfernten Raumstation möglich ist - es gibt nur noch eine dieser begehrten Plaketten - zwingt ihn zu einer Weltraumodyssee, die dem Leser eine Fülle an aberwitzigen Situationen und Begebenheiten beschert.

Er begleitet den manchmal etwas naiven, aber immer hilfsbereiten Weltraumkurier auf seinem Weg durch den alltäglichen Wahnsinn in den Weiten des Weltraums. Kommerz und Gewalt begleiten Jonny Juicebag auf der Suche nach der benötigten Ökoplakette. Der Spacediscounter Aldi und bezahlte Killer kreuzen mehr als einmal seinen Weg.

Jonny Juicebag hat viel Ähnlichkeit mit Parzival, dem "tumben Tor". Dieser streift durch die Welt um seine Bestimmung und sein Ziel zu erreichen. Auch dem letzten Weltraumkurier wird erst nach vielen Verwirrungen klar, dass er eine Bestimmung zu erfüllen hat, deren er sich erst gewachsen zeigen muss. Der Autor, Tino Hemmann, lässt seine Leser an dieser Suche mit turbulenten Situationen und kuriosen Ideen teilhaben.

Es ist nicht zu viel verraten, wenn man feststellt, dass auch Jonny Juicebag nicht der ist, für den er sich selber hält. Ein lange in der Vergangenheit zurückliegender Konflikt zwischen außerirdischen Wesen manifestiert sich in der Gegenwart in seiner Person. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick aussieht. Freunde werden zu Gegnern und vermeintliche Gegner erweisen sich als Verbündete.

Tino Hemmann hat einen Science Fictionroman geschrieben, der vollkommen von dem abweicht, was man im Allgemeinen von diesem Genre erwartet. Nicht jeder Leser wird die Fabulierkunst des Autors zu würdigen wissen und diejenigen, die vornehmlich an technischen Beschreibungen und waffenklirrenden Abenteuern interessiert sind, werden sich mit dem Lesen dieser abstrusen Odyssee schwer tun. Wer jedoch an hintergründigem Humor und surrealen Situationen Gefallen findet, für den ist Jonny Juicebag: Der allerletzte Weltraum-Kurier ein großes Lesevergnügen.




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