Buchkritik -- Wladimir Kaminer -- Die Kreuzfahrer

Umschlagfoto, Buchkritik, Wladimir Kaminer, Die Kreuzfahrer, InKulturA Wenn jemand eine Reise unternimmt, kann er etwas berichten. Wenn das dann auch noch in Form eines Büchleins geschieht, ist, zumindest bis zur nächsten Einladung, die Miete gesichert. Wladimir Kaminer bereist nebst Gattin Olga die Ostsee, den Atlantik, das Mittelmeer und die Karibik; alles auf Kosten der maritimen Reiseveranstalter, denn, man höre und staune, an Bord deren Schiffen gibt es zur Vermeidung von Langeweile – zwischen den bis zu fünf Mahlzeiten täglich ist genügend Zeit für Quengelei – ein, wie es heißt Kulturprogramm, als dessen Attraktion und oft einzigem Höhepunkt eben unser Wladimir gebucht wurde.

Kreuzfahrt und Kultur? Wer das für eine contradictio in adiecto hält, befindet sich auf der richtigen Seite. Gelangweilte „alles schon gesehen“ Typen, denen Kultur zwar am Arsch vorbeigeht, der Alkohol jedoch reichlich die Kehle runterrinnt, werden vom Kulturanimateur Kaminer betreut. Leider erfährt der Leser nicht so richtig, worin dessen Beitrag für das Antilangeweile-Programm an Bord der Kreuzfahrtriesen besteht.

Ist vielleicht auch nicht so wichtig, denn Familie Kaminer begibt sich sowieso lieber auf die Suche nach der jeweils nächsten Bar, betrachtet gewohnt ironisch Land und Leute, stellt dabei fest, dass so mancher Kreuzfahrtteilnehmer recht hat mit seiner stoischen „alles schon gesehen“ Attitüde, denn egal welcher Längen- und Breitengrad, in jedem Hafen bietet sich das gleiche Bild. Russen und andere „Exilanten“ versuchen den dummen Touristen „original“ Markenware zu einem minimalen Preis anzudrehen.

Mal lässig, mal ironisch, mal sarkastisch, zum Glück niemals arrogant, lässt Kaminer seine Eindrücke Revue passieren und liefert - wenn das die einladenden Reiseveranstalter gewusst hätten... - den Skeptikern vom Nutzen und Sinn der Kreuzfahrten genug Munition, Verzeihung, Argumente gegen diese Art von Erlebnissen.

Zum Glück hat das Büchlein nur 224 Seiten, denn die immer gleichen Abläufe – Fressen, Saufen und hastige Landausflüge – gehen dem Leser arg auf den Wecker. Stößchen!




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Veröffentlicht am 2. Oktober 2018