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In seinem neuesten Werk „Krieg“ eröffnet Bob Woodward, renommierter Pulitzer-Preisträger, eine eindringliche Perspektive auf zwei der brisantesten geopolitischen Konflikte unserer Zeit: den russischen Überfall auf die Ukraine und die eskalierende Gewalt im Nahen Osten. Zugleich beleuchtet er den erbitterten Kampf um die politische Macht in den USA. Der Titel ist ein detaillierter, von persönlicher Nähe geprägter Bericht über eine der turbulentesten Epochen der amerikanischen Präsidentschaftspolitik und die historische Entwicklung im internationalen Krisenmanagement.
Mit persönlichem Zugang zu den maßgeblichen Entscheidungsträgern lässt Woodward das Lesepublikum an heiklen Verhandlungen teilhaben, in denen Joe Biden und seine Berater fieberhaft um friedliche Lösungen ringen – sei es in kontroversen Dialogen mit Wladimir Putin, in den Konfliktgesprächen mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu oder in den Verhandlungen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Gleichzeitig beschreibt Woodward den Schattenkampf von Donald Trump, der die amerikanische Bühne als ambitionierter Ex-Präsident nie verlassen hat und seinen Einfluss geltend macht, um erneut die Präsidentschaft zu erlangen.
Doch Woodwards analytisches Werk wirft auch kritische Fragen auf: Zu bemängeln ist die oft fehlende Reflexion und Kontextualisierung, insbesondere, dass der historische Ursprung des Ukraine-Konflikts ausgeklammert bleibt. Ohne diese grundlegende Perspektive erscheinen einige der aktuellen Strategien und Dialoge unvollständig und wirken wie bloße Momentaufnahmen einer komplexen Entwicklung.
Der Autor beschreibt die subtilen, jedoch entscheidenden diplomatischen Manöver und die drängende Notwendigkeit, eine Eskalation in einen globalen Konflikt mit atomaren Konsequenzen zu verhindern. In eindrucksvoller Sprache gelingt es ihm, die politische Verantwortung und die permanente Krisenbereitschaft der Beteiligten darzustellen. Gleichwohl bleibt ein zwiespältiger Nachgeschmack: So erschöpft sich das Buch streckenweise in einer fast mechanischen Schilderung der Interaktionen – "Person A sprach mit Person B, die dann Person C kontaktierte", – was die tiefere Analyse zuweilen in den Hintergrund drängt.
Ein weiteres Manko ist die fehlende Distanz in der Darstellung bestimmter Akteure. Die intime Anrede „Bibi“ für Benjamin Netanjahu erscheint befremdlich und wirkt in einem politischen Bericht fehl am Platz, wo journalistische Neutralität angemessen wäre. Ebenso irritiert Woodwards deutlich erkennbare Präferenz für Kamala Harris, die im Rückblick wenig sachlich erscheint und das Bild einer objektiven Betrachtung der politischen Akteure trübt.
Insgesamt bleibt „Krieg“ eine gewichtige, aber nicht unkritisch zu lesende Lektüre. Von einem Journalisten mit Woodwards Erfahrung und Reputation würde man mehr analytische Tiefe und distanzierte Reflexion erwarten. Sein Werk überzeugt als Zugang zu den Hinterzimmern der Macht, doch eine differenziertere Einordnung und tiefere historische Kontextualisierung hätten dieses Buch vollends in den Rang eines unverzichtbaren politischen Dokuments erhoben.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 7. November 2024