Buchkritik -- Loretta Napoleoni -- Die Ökonomie des Terrors

Umschlagfoto  -- Loretta Napoleoni  --  Die Ökonomie des Terrors Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem vermeintlichen "Ende der Geschichte" (Francis Fukuyama) ist die Welt des 21. Jahrhunderts durch Terrorismus und einer zunehmend radikalisierten Islamisierung, beides hängt eng miteinander zusammen, bedroht. Der 11. September 2001, die Anschläge auf Touristenzentren in Bali, Attentate auf den Nahverkehr in Madrid, etc. sind nur die sichtbaren und furchtbaren Auswirkungen des globalisierten Terrors. Die finanziellen Mächte und Kräfte hinter solchen Anschlägen bleiben der Öffentlichkeit jedoch meist hinter fragwürdigen Schlagworten wie Al Quaida, Hamas, islamischer Dschihad und ähnlichen verborgen.

Loretta Napoleoni hat sich in ihrem Buch Die Ökonomie des Terrors mit diesen globalen Finanzströmungen, die den organisierten Terror erst ermöglichen, beschäftigt. Schon in den Zeiten des Kalten Krieges, als sich die USA und die UdSSR gegenseitig destabilisieren wollten, fand Terror, finanziert durch die beiden Großmächte und ausgeführt in sog. Stellvertreterkriegen, statt. Die Schauplätze waren Mittelamerika, Asien und Afrika. Waffenlieferungen und Kapitaltransfers wurden mit Hilfe lokaler Verbrecherbanden an die jeweiligen Kombattanten weitergeleitet. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und dem vermeintlichen Sieg des Kapitalismus verschwanden diese Gruppen jedoch nicht, sondern verselbständigten sich dergestalt, daß sie einen, wie Napoleoni es ausdrückt, "Schattenstaat" bildeten, in denen Recht und Moral außer Kraft gesetzt sind. Die in ihnen existierende Schattenwirtschaft besteht aus Drogen- und Waffenhandel, Korruption und Bestechung.

Nach der Niederlage und dem Rückzug der UdSSR aus Afghanistan begann sich ein islamisches Sendungsbewußtsein herauszubilden, dessen Kernthese im propagierten und realisierten Kampf gegen den Westen und hier in erster Linie gegen die USA und Israel besteht. Osama bin Laden, immerhin Geschöpf der US-amerikanischen Regierung und der CIA, erkannte die historische Gelegenheit, die Massen des Islam zu begeistern. Von Haus aus vermögend, benutzte er die Offenheit der globalen Finanzmärkte für seine Zwecke. Rekrutierung, Ausbildung und Einsätze der Kämpfer lassen sich vortrefflich mit den Geldern begleichen, die mit Hilfe von Drogen- und Waffenschmuggel verdient und die durch das westliche Finanzsystem gewaschen und somit legalisiert werden.

Die Autorin belegt mit außergewöhnlichen Fakten den Vormarsch der modernen Form des Terrors, die Ausbreitung eines militanten Islam, der seine Aufgabe darin sieht, mit allen Mitteln die islamischen Staaten zu vereinen, um gemeinsam gegen den Westen zu kämpfen. Dieser Kampf kostet viel Geld und Napoleoni ist den dafür notwendigen Finanzströmen gefolgt. Dem Leser wird schnell klar, daß sich die globale Wirtschaft und die Schattenwirtschaft des Terrors immer mehr gegenseitig bedingen. Öl aus dem Nahen Osten schmiert den Motor der westlichen Wirtschaft. Die Erlöse der Erdölproduktion schmieren zu einem nicht geringen Teil die islamische Ausbreitung. Das nach dem Zerfall der UdSSR entstandenen Machtvakuum in Zentralasien wird durch eine islamische Expansion ohne Beispiel gefüllt. In diesen "Schattenstaaten" werden durch Drogen- und Waffenhandel enorme Summen verdient, die, da sind sich Kapitalismus und die Ökonomie des Terrors sehr ähnlich, wieder gewinnbringend reinvestiert werden. Loretta Napoleoni zeigt die Entwicklung von einer Schattenwirtschaft bis hin zu deren stetiger Legalisierung anhand des Beispiels der PLO, der es in mit großzügiger Hilfe der EU gelingt, sich eine legale wirtschaftliche Basis zu verschaffen. Illegal erworbenes Geld wird gewaschen, in legalen Firmen angelegt und die Gewinne nicht zuletzt für weitere Terroranschläge verwendet.

Die Autorin stellt die provokante Frage, ob die Ideologie des Faschismus, Nationalismus und Bolschewismus im Islam zu neuer Blüte gelangt. Zumindest ökonomisch, so Napoleoni, ist dies der Fall. Das Ziel aller dieser Bewegungen war eine radikale Umgestaltung des sozioökonomischen Systems. Dies versucht auch der radikale Islam mit dem Versprechen an die Massen, den gesellschaftliche Reichtum gerecht umzuverteilen. Dies soll mit Hilfe des Dschihad, des Kampfes für die islamische Einheit und gegen die westliche Welt erreicht werden.

Die Lektüre dieses Buches, geschrieben wie ein Wirtschaftskrimi und mit Fakten belegt wie eine wissenschaftliche Arbeit, zeigt dem Leser die Ursachen des Terrors und seine im Hintergrund laufenden finanziellen Fäden. Sie werden nicht in irgendwelchen Höhlen Afghanistans gezogen, sondern von weltweit operierenden Banken, die kriminelles Geld waschen und danach in legalen Unternehmungen investieren. Kaum eine Bank, darunter auch amerikanische Banken, kann der Versuchung wiederstehen, an diesen Transaktionen zu profitieren. Das internationale Finanzkartell ist, so die Autorin, bereits so mit dieser Schattenwirtschaft verflochten, daß ein Kampf dagegen immer aussichtsloser erscheint, zumal auch der politische Wille dazu nicht vorhanden zu sein scheint.

Organisiertes Verbrechen im Verein mit Terror scheint eine lohnende Zukunftsinvestition zu sein. Was für eine Welt!




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