Buchkritik -- Maja Lunde -- Die Geschichte der Bienen

Umschlagfoto, Buchkritik, Maja Lunde, Die Geschichte der Bienen , InKulturA Wenn man boshaft wäre, dann könnte man die Behauptung in den Raum stellen, Romane mit ökologischen Themen spülen derzeit eine Menge Geld in die Kassen von Verlagen und Autoren. Jetzt müssen also Bienen, genauer gesagt deren medial angesagtes Aussterben - die Wissenschaft ist sich derzeit noch nicht einig bezüglich der Gründe des Verschwindens der Bienenpopulation. Einer sagt dies, der andere das, doch nichts Genaues weiß man nicht - für Umsatz sorgen.

Maja Lunde will eine "Geschichte der Bienen" erzählen, doch, irgendwie kurios, über die fleißigen Sammlerinnen erfährt der geneigte Leser nicht viel. Dafür jedoch jede Menge über innerfamiliäre Probleme, die, der Roman spielt auf drei auf den ersten Blick zusammenhanglosen Zeitebenen, sich in jeder Erzählperiode bis zum Ermüden ähneln.

Im England des Jahres 1852 zieht sich ein Mann, enttäuscht über sich selber, desillusioniert ins Bett zurück und überlässt das Tagesgeschäft seines Ladens der von ihm inzwischen verachteten Ehefrau. Sein einziger Sohn, der Hoffnungsträger des Vaters entpuppt sich als Trinker und hurt mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft. Ach ja, ab und zu hat der gute Mann eine Idee, wie er seine Bienenstöcke besser konstruieren könnte, doch leider sind ihm andere Männer längst zuvor gekommen. Bis jetzt gähnt der Leser sich einen weg.

Die zweite Erzählebene spielt im Jahr 2007 in den USA. Was findet der Leser wieder vor? Richtig, einen Vater-Sohn Konflikt. Junior möchte partout nicht die Profession des Vaters, der gute Mann ist Imker, der mit seinen Bienen durch die Gegend zieht und von ihnen Farmen die Obstbäume bestäuben lässt, übernehmen, sondern will Journalist werden. Papa baut seine Bienenkörbe selber, das ist zwar teurer und weniger effektiv, doch der Mann hat seinen Stolz. Leider befindet er sich, wie andere Imker auch, mitten drin im "Colony Collapse Disorder", im rätselhaften Verschwinden seiner Bienenvölker.

Die dritte Ebene ist das China im Jahr 2098. Es gibt keine Bienen und Insekten mehr und die Blüten müssen von den jetzt menschlichen Arbeitsbienen von Hand bestäubt werden. Das ist zwar mühsam, doch zum Glück gibt es genug Chinesen, die von der Regierung auf die Leitern und in die Bäume getrieben werden. Ironie aus!

Eine von denen ist die kluge Tao, die mit ihrem nicht ganz so klugen Mann und ihrem Sohn Wei-Wen, den sie gerne klug machen möchte zusammen ein karges Leben fristet. Als sich der Sohn verletzt und zur Behandlung ins ferne Peking gebracht wird, schlägt die Stunde von Tao. Sie macht sich auf in die inzwischen fast vollständig geräumte Großstadt und findet, denn sie ist eine kluge Frau, den Grund für den Zusammenbruch ihres Sohnes.

Uff, geschafft! Das ruft der Leser, dem es gelungen ist, die über 500 Seiten hinter sich zu bringen und der trotz reichlich angewandter Redundanz zwischendurch nicht die Lust am Lesen verloren hat. Viel Familie, wenig Bienen und keine Erklärungen bezüglich warum und wie der Zusammenbruch der globalen Zivilisation vonstattenging. Die Figuren sind von erschreckender Eindimensionalität, die Dialoge hölzern bis banal und man fragt sich, ob die diesen Roman überschwänglich feiernden Feuilletonisten ihn überhaupt gelesen haben. Nichts alles, was sich bestens verkauft, ist ein literarisches Meisterwerk.

"Die Geschichte der Bienen" ist der erste von einer auf vier Bände angelegten literarischen Umweltreihe der Autorin. Das erscheint mir angesichts dieses Romans als unverhohlene Drohung.




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Veröffentlicht am 10. Mai 2017