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Nachts auf einer abgelegenen Straße in der toskanischen Provinz entdeckt ein Autofahrer einen kleinen Jungen, der allein umherirrt. Der Mann übergibt das Kind der Polizei, und kaum dort angekommen, behauptet der Junge, entführt worden zu sein. Um die wahren Hintergründe des mysteriösen Falls ans Licht zu bringen, entsendet die Zentrale des Servizio Centrale Operativo (SCO) – das italienische Pendant zum FBI – die Ermittlerin Valentina Medici in das entlegene Dorf, aus dem der Junge stammt. Doch ihr Vorgesetzter deutet an, dass es sich wohl kaum um eine aufwändige Untersuchung handeln dürfte. Er rät Valentina, rasch zum Hauptquartier zurückzukehren und sich in der Anwesenheit der örtlichen Kollegen unauffällig und zurückhaltend zu verhalten.
Als jedoch die Leiche eines weiteren Kindes gefunden wird, das dem aufgegriffenen Jungen zum Verwechseln ähnlich sieht, wird der beschauliche Ort plötzlich zum Zentrum einer furchterregenden Mordserie. Den Ermittlern wird schlagartig klar, dass es nun darauf ankommt, die Wahrheit schnellstmöglich ans Licht zu bringen, bevor weitere unschuldige Opfer in die Fänge des Täters geraten.
An Valentinas Seite tritt Fabio Costa, ein ehemaliger brillanter Ermittler des SCO. Costa jedoch ist eine tragische Figur – ein Mann, der nach einem schwerwiegenden Vorfall auf einer Polizeiwache zwar freigesprochen, dessen Karriere jedoch dadurch beendet wurde. Die oberste Leitung verbietet Valentina strikt, auf Costas Hilfe zurückzugreifen. Doch als sich herausstellt, dass Costa der Einzige ist, der den roten Faden erkennt und die grausame Logik der Verbrechen aufdeckt, muss Valentina sich notgedrungen auf ihn einlassen. Der geniale IT-Experte des SCO-Teams enthüllt, gemeinsam mit einem Kunsthistoriker, dass die Mordserie offenbar von der Kunst Caravaggios inspiriert ist. Die Taten folgen einem erschreckenden Muster, das sich seit Jahren durch Italien zieht und das Leben vieler Menschen in einem grausamen Reigen von Tod und Inszenierung auslöscht.
Die Verbindung zwischen den Opfern? Eine unheimliche Ähnlichkeit mit den Figuren auf Caravaggios Gemälden. Für den Täter scheinen die kunstvollen, dramatischen Werke des Malers zur dunklen Vorlage geworden zu sein – seine Opfer zum Spiegelbild jener verführerischen und düsteren Schönheit, die Caravaggios Kunst für die Ewigkeit festhielt.
Hier eröffnet Marco De Franchi, selbst erfahrener Ermittler einer Spezialeinheit der italienischen Polizei, ein faszinierendes Szenario von Macht, Suggestion und Abgründigkeit. Doch bedauerlicherweise bleibt sein Werk in den Figurenzeichnungen schwach. Valentina Medici wirkt oft unentschlossen und hilflos, immer wieder angewiesen auf die von den Vorgesetzten misstrauisch betrachtete Hilfe Costas. Dieser wiederum scheint zwischen Sühne und Schuldgefühl gefangen, schleppt sein Trauma wie eine Monstranz vor sich her und erwartet von Valentina stets ein implizites Flehen um Unterstützung. Hier hätte weniger Dramaturgie den Figuren durchaus Tiefe verleihen können.
Bemerkenswert ist hingegen das kunsthistorische Element, das De Franchi als atmosphärische Kulisse nutzt: die Verweise auf Caravaggios Werk, auf dessen Dualität von Licht und Schatten, von Realismus und Symbolik, die das Zeitlose und Furchteinflößende seiner Malerei illustrieren. Für den Mörder jedoch ist die Kunst nur Mittel zum Zweck – ein Werkzeug, mit dem er über Leben und Tod zu herrschen glaubt, indem er sein unheilvolles Werk nach den Gemälden Caravaggios inszeniert.
„Das zweite Kind“ ist ein Thriller, dessen Komplexität die Berufserfahrung des Autors unmissverständlich widerspiegelt. Leider führt diese Fülle an Details und dramatischen Elementen mitunter zu einer gewissen Langatmigkeit und erdrückt streckenweise die Spannung. Hier wäre weniger Eifer in der Figurenzeichnung und Strukturierung wohl mehr gewesen.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 6. November 2024