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In „Macht im Umbruch“ unternimmt Herfried Münkler die Analyse einer tektonisch verschobenen Weltordnung. Wo entstehen neue Machtzentren? Wer gewinnt an Einfluss, wer verliert ihn – und was heißt das für Europa, insbesondere für Deutschland? Münklers Buch ist keine leichte Lektüre, sondern ein intellektuell forderndes Werk, das mit analytischer Tiefe, historischer Fundierung und theoretischer Präzision überzeugt. Wer nach eingängigen Polit-Phrasen sucht, wird hier enttäuscht. Wer jedoch bereit ist, sich auf Münklers Argumentationen einzulassen, wird mit geschärften Einsichten belohnt.
Münkler vergleicht historische Entwicklungen mit aktuellen geopolitischen Dynamiken. Die alte Ordnung, geprägt von amerikanischer Hegemonie und westlicher Normsetzung, ist ins Rutschen geraten. Neue Akteure wie China oder ein zunehmend erratisches Russland fordern das bestehende System heraus. Doch die neuen Machtverhältnisse sind alles andere als stabil, sie wirken oft diffus, widersprüchlich, volatil.
Münkler analysiert tiefgehend. Termini wie „Hegemonie“, „Ordnung“ oder „Machtprojektion“ sind bei ihm keine bloßen Schlagworte, sondern werden durchdacht kontextualisiert. Das macht die Lektüre fordernd, aber gerade deshalb substanziell. Dem Autor geht es nicht um die schnelle These, sondern um nachvollziehbare Analyse.
Besonders eindrücklich ist Münklers Sichtweise auf Europa. Er stellt die unbequeme Frage, ob der Kontinent, insbesondere Deutschland, gewillt und in der Lage ist, in der neuen Weltordnung eine passiv-führende Rolle zu übernehmen. Seine Antwort fällt skeptisch aus: wirtschaftlich stark, sicherheitspolitisch phlegmatisch, strategisch unterambitioniert. Europa, so Münklers Diagnose, ist zu bequem geworden und läuft Gefahr, zwischen den Machtblöcken zerrieben zu werden.
Die Kritik trifft einen Nerv. Sie ist sachlich formuliert, aber von deutlicher Dringlichkeit getragen. Münkler analysiert nicht nur, er fordert zum Umdenken auf. Seine Diagnose europäischer Selbstzufriedenheit durchzieht das Buch mit einem ständigen Unterton.
„Macht im Umbruch“ ist keine Lektüre für den Feierabend. Es verlangt Konzentration, Ausdauer und die Bereitschaft, sich mit komplexen Zusammenhängen auseinanderzusetzen. Doch es lohnt sich: Kaum ein anderer Autor analysiert die geopolitischen Verschiebungen der Gegenwart so fundiert und klar wie Herfried Münkler. Sein Buch ist unbequem, aber notwendig und ein Kompass in einer zunehmend unübersichtlichen Welt.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 9. Juni 2025