Buchkritik -- Matthias Matussek -- White Rabbit

Umschlagfoto, Buchkritik, Matthias Matussek, White Rabbit, InKulturA In einer funktionierenden Demokratie ist es die Pflicht der vierten Gewalt - Presse, Rundfunk und Fernsehen - das Handeln der Regierenden kritisch zu hinterfragen, politisch-gesellschaftliche Missstände zu artikulieren und stets, zumindest mit einem halben Bein, immer im Lager der Opposition stehen.

In Deutschland sind die Medien leider weit davon entfernt, diese Arbeit zu leisten. Sie sind, bis auf wenige Ausnahmen, zu Hofberichterstattern und Claqueuren der Regierungspolitik mutiert und der politisch-mediale Komplex, da er über eine sehr große Macht verfügt, diskreditiert Kritiker und Abweichler der aktuellen Politik als rechtsextrem, fremdenfeindlich und rassistisch.

Was ist in diesem Land geschehen, dass es seit dem verhängnisvollen Herbst 2015, als die Regierung sich hinsichtlich des Migrantentrecks Richtung deutsche Grenzen für nicht zuständig hielt und eben diese Grenzen, wie die Bundeskanzlerin es im Nachhinein tat, als nicht existent erklärte? Seit diesem Zeitpunkt und einer absolut verfehlten Asylpolitik ist unser Land gespalten in Jubelperser, die vierte Gewalt zählt dazu, und Kritiker, die mit zum Teil an Widrigkeit nicht zu überbietenden Methoden kriminalisiert werden.

Matthias Matussek, einstige Edelfeder des vormaligen Nachrichtenmagazins "Spiegel" hat mit diesem System der Diffamierung unliebsame Bekanntschaft gemacht und schildert in seinem Buch, mal genüsslich, mal zutiefst verstört, das Innenleben der vierten Gewalt.

"Willkommen im Club!", möchte der Leser dem Delinquenten Matussek zurufen, wenn er über die Verzerrungen und die kognitive Dissonanz des Journalismus bezüglich des alles beherrschenden Themas "Flüchtlinge" berichtet. Sein Zusammenprall mit der neuen Wirklichkeit, die, gesteuert von einer Medienwelt, die sich freiwillig zum Sprachrohr amtlicher Politik gemacht hat und nicht müde wird den Bürgern zu versichern, dass ungebremste Migration nur Vorteile für unser Land hat, dass also schwarz das neue Weiß ist und der Mond doch bitteschön aus Käse besteht, ist hart und schonungslos, lässt ihn jedoch etwas ratlos zurück, denn er macht doch "nur" seine Arbeit und die ist nun einmal das Recherchieren und Schreiben über gesellschaftlich-politische Fehlentwicklungen. Damals war`s...

Immer wieder rekurriert Matussek auf den exzentrischen Dichter, Kolumnisten und Autor Gilbert Keith Chesterton, der, zum Katholizismus konvertiert, dem damaligen Zeitgeist gegenüber konträre Meinungen vertrat, trotzdem jedoch über die sachlichen Differenzen hinaus niemals die Schwelle persönlicher Beleidigung überschritt. Das waren noch Zeiten...

Natürlich ist Deutschland aus den Fugen geraten und wer diese Tatsache beim Namen nennt, nämlich Autochthonenhass als verspäteter Widerstand gegen den Nationalsozialismus, wird von den Mühlen des politisch-medialen Komplexes zermalmt. Besser spät als nie, denkt sich der Leser des Buches und kann doch kein rechtes Mitleid mit dem Autor verspüren. Wer, wie Matussek es schreibt, immer noch der Meinung ist, dass "Die Linke [...] in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts so aufregende Antworten gegeben hat...", der muss sich jetzt natürlich wie ein Paria, ein Ausgestoßener aus dem Kreis der privilegierten Kaste der Journalisten fühlen, denn nach seinem Rauswurf beim halbamtlichen Regierungsverlag Springer darf er nur noch bei den Feinden des Mainstream, also bei denen, die noch über ihren gesunden Menschenverstand verfügen, publizieren.

Sein Buch ist eine Mischung aus Autobiographie und Zeitkritik und liefert wunderbar realistische Szenen aus der hermetisch abgeschlossenen und immer wieder selbstreferenziellen Welt der Volkserzieher mit gehobenem Lebensanspruch. Dabei überrascht es nicht wirklich, dass sich in dieser Blase, wie im richtigen Leben, Arschlöcher, Kriecher, Minderleister und Versager mit politischer Rückendeckung befinden.

"Die Auflagen der Blätter schrumpfen wie Blätter in der Sonne. Doch so ganz schuldlos sind die Redakteure nicht. Sie schreiben an ihrem Publikum vorbei. Drei Viertel aller Redakteure sind als linksgrün einzuordnen. Drei Viertel aller Journalisten fühlen sich als Vormund ihrer Leser auf dem Weg in eine grüne, atomfreie, durchgegenderte, grenzenlose Internationale", so Matthias Matussek zur Zunft der Volkserzieher. Kein Wunder, dass die Verleger mit ihren politischen Freunden bereits an Subventionen für die notleidende Branche tüfteln.

Der Leser hat seine Freude an den pointierten Äußerungen des Autors, der mit seinem Buch neben der Demaskierung selbst ernannter Wächter der Political Correctness auch eine Abrechnung mit dem betreibt, was heute gern als Qualitätsjournalismus bezeichnet wird. Leben in der Filterblase, so könnte man ein Fazit des Buches nennen. Viele Jahre hat Matussek den Rummel mitgespielt, denn die Erziehungskultur der Zeilenhuren hat in Wahrheit nicht erst im Herbst 2015 begonnen, die gab es bereits viele Jahre vorher. Man denke nur an die unkritische Berichterstattung der sog. Leitmedien in Bezug auf die unendliche Geschichte der Euro- und Griechenlandrettung.

Bereits ab 2007 hat sich die vierte Gewalt sang- und klanglos aus der Liga der Glaubwürdigen verabschiedet und sich als Helfer der Alternativlosen instrumentalisieren lassen. Waren es nicht die Verleger, Herausgeber und Chefredakteure der großen Tages- und Wochenzeitungen, die von Merkel anlässlich der Finanzkrise auf eine lücken- bis lügenhafte Information ihrer Leser eingeschworen wurden, damit die "systemrelevanten" Banken ihr Tagesgeschäft ungestört weiter betreiben konnten?

Der wesentliche Unterschied seit Herbst 2015 ist das Auftreten einer Gegenöffentlichkeit, die zu groß geworden ist, um sie dauerhaft zu verschweigen. Der letzte Versuch dieser Art ging in der Silvesternacht 2015 gründlich daneben. Die vierte Gewalt, so wie sie jetzt agiert, systemkonform, lammfromm, unkritisch und feige, ist zum Scheitern verurteilt. Da hat Matussek vollkommen recht. Es ist höchste Zeit, dass sich der Berufsstand neu orientiert. Von der Hofberichterstattung zur relevanten Kritik von Politik, Wirtschaft und Finanzwelt. Ob das allerdings geschehen wird, steht in den Sternen, denn zu wollig ist das Kuscheln mit den Mächtigen.




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Veröffentlicht am 15. Juli 2018