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Buchkritik -- Gary Phillips -- One-Shot Harry

Umschlagfoto, Buchkritik, Gary Phillips, One-Shot Harry, InKulturA Der Tod eines alten Freundes, der Jazz-Trompeter Ben Kinslow, mit dem er im Koreakrieg gedient hat, reißt den schwarzen Fotografen Harry Ingram in einen Strudel der Intrigen im Vorfeld von Martin Luther Kings Marsch auf Washington im Jahr 1963.

„One-Shot Harry“ spielt vor dem Hintergrund der Wahlen, bei denen der ehemalige Polizist Tom Bradley seinen Wahlkampf für den Stadtrat führt. Bradley würde schließlich der erste schwarze Bürgermeister von L.A. werden und fünf Amtszeiten innehaben.

Als einer der Ersten am Unfallort glaubt Harry nicht an einen Unfall. Ben war ein erfahrener Fahrer, dessen Können ihm und anderen Soldaten während des Krieges das Leben rettete, selbst unter schwerem Artilleriebeschuss. Harry macht sofort Fotos von der Szene und beginnt dann mit seinen eigenen Ermittlungen.

Mit seinen Fotos und anderen Tätigkeiten, versucht Harry Ingram, wie der Autor ihn sprechen lässt, „nur, die Miete zu bestreiten“. Was ihn jedoch nicht daran hindert, seine Nase auch in fremde Angelegenheiten zu stecken, wie der Tod seines Freundes. Dabei sticht er in ein Wespennest aus Intrigen, politischen Interessen, Rassismus und Vorurteilen.

Im Verlauf seiner Ermittlungen wird Harry von Schlägern, die angeheuert werden, um die Namen ihrer Chefs aus den Zeitungen fernzuhalten, und von Polizisten, die geschworen haben, zu beschützen und zu dienen, bedroht und geschlagen, und nicht nur einmal wird seine Kamera zertrümmert.

Er lernt Anita Claire kennen, eine Mathematiklehrerin, die an Tom Bradleys Bürgermeisterwahlkampf arbeitet und eigene Geheimnisse verbirgt. Phillips verwurzelt die Abenteuer seines Helden wider Willen in einem dichten Netz realer lokaler Geschichte.

Er verarbeitet in seinem Kriminalroman den damaligen alltäglichen Rassismus, die Einstellungen gegenüber schwarzen Veteranen, die Bürgerrechtsbewegung, die schwarze Presse und die Politik der 1960er Jahre. Nicht zu vergessen die Polizeigewalt. Der Chef des LAPD, William Parker, wirbt mit Stellenangeboten im tiefen Süden, um „gute alte Jungs anzuziehen, die die Schwarzen in ihren Schranken halten können“. All das macht „One-Shot Harry“ neben einem gelungenen Thriller gleichfalls zu einem authentischen Zeitdokument.

Zum Glück für die Leserinnen und Leser der deutschsprachigen Ausgabe hat der Verlag darauf verzichtet, Sprach- und Übersetzungswächter einzusetzen, was den Roman nochmals realistischer und dem damaligen Zeitgeist angemessen erscheinen lässt.

Absolute Leseempfehlung.




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Veröffentlicht am 24. Mai 2024