Buchkritik -- Dietmar Füssel -- Ricardi

Umschlagfoto, Buchkritik, Dietmar Füssel, Ricardi, InKulturA Einen Keller zu entrümpeln ist nicht immer eine gute Idee. Verstaubte Gegenstände und achtlos beiseite gelegte Dinge befördern Vergessenes wieder ans Tageslicht und zerren vergangene, längst von der Realität überrollte Träume erneut schmerzhaft ins Helle. Nicht umsonst bedeutet das „in den Keller gehen“ immer auch einen Abstieg, ein zurück in die Vergangenheit. Und die ist, wie Franz Pospischil feststellen muss, traumatisch.

Er, ein, so damals seine eigene Einschätzung, angehender Schriftsteller von Weltrang und sein Freund „Baccu“, ein ebenso von sich eingenommener, nichtsdestoweniger jedoch erfolgloser Maler, gründen mit Sängerin Marie eine Künstler-WG. Die Studentin ist die einzige der drei, deren Stimme eine Karriere im Bereich des Möglichen erscheinen lässt.

Doch wie immer hat das Universum anderer Pläne, die sich durch ein im Raum stehendes Romanthema von Franz Eingang in die Realität verschaffen. Die drei beziehen eine Wohnung in einem eher nicht malerischen Haus in der ansonsten malerischen Altstadt von Wehrstadt. Dort, in der Ricardi-Gasse, beginnt das Ereignis, in dessen Verlauf sich Lebensentwürfe, Hoffnungen und Träume als in Luft auflösende Versprechen erweisen.

Bei einem Besuch des örtlichen Museums sieht Franz das Gemälde eines italienischen Künstlers. Ricardi, so der Name des Malers, ist ebenfalls das Thema des geplanten Buchprojekts Pospischils, den die Marmorfrauen, so der Titel des auf mysteriöse Weise verstörenden Bildes, in den Bann ziehen. In den alltäglichen Wahnsinn ohnehin fragiler Existenzen bricht auf einmal der Irrsinn einer mehr und mehr entgleitenden Realität, die tiefe Wunden schlägt.

Was bleibt von dem übrig, was man gemeinhin unter Zukunftsperspektive versteht? Der Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt, häusliche Gewalt und ein Job als Sportreporter. Zumindest letzteres ist besser als ein Dasein als Feuilletonist.

Eine phantastische Geschichte von Dietmar Füssel. Verstörend pessimistisch.




Meine Bewertung:Bewertung

Veröffentlicht am 25. Oktober 2020