Buchkritik -- Victor Streck -- Heimat ist ein Paradies

Umschlagfoto  -- Victor Streck  --  Heimat ist ein Paradies Ein Jugendbuch zu schreiben, ohne in verlogene, der gesellschaftlichen Realität widersprechende Phrasen zu verfallen, ist in unserer Zeit ein Wagnis, dem sich kaum ein Autor, der ja schließlich vom Verkauf seiner Bücher lebt, stellen möchte. Anstelle dessen wird oft versucht, wie es so schön im Soziologendeutsch beschrieben wird, "eine der Jugendkultur immanente Persönlichkeitsstruktur zu definieren um anschließend eine systemkritische Valenzanalyse mit soziopsychologischer Fokussierung zu etablieren". Ins Deutsche übersetzt bedeutet das, dass der Autor, natürlich politische korrekt, einzig seine eigene Version sozialer Wahrnehmung schildert. Von Verlagen und veröffentlichenden Medien wird dies dann gern als "realistisch", "mutig", "treffend" und als "ein genaues Abbild der aktuellen Jugendkultur" beschrieben und doch sind dies nur Euphemismen für Fäkal- und Ghettosprache.

Welcher Autor von Jugendromanen würde es wagen, in seinem Buch die Ideale Kants als grundlegende Bedingung für menschliche Zusammenleben zu postulieren und sich damit im gesamtdeutschen Feuilleton zu einer lächerlichen Figur zu machen? Victor Streck hat davor keine Angst und im Jahr 2007 einen Roman veröffentlicht, der dem Zeitgeist dermaßen entgegengesetzt ist, dass dem Leser Angst und Bange wird ob der finanziellen Zukunft des Autors und Verlegers Streck.

Heimat, Wahrheit, Redlichkeit, Ehrlichkeit, Stolz auf die Leistungen der eigenen Nation ohne Verleugnung der Verbrechen, Leben nach ethischen Prinzipien, Kant als täglicher Begleiter und moralische Instanz. Begriffe und Werte also, die man in einem Roman seit Jahren nicht mehr angetroffen hat. Hier sind sie auf über 500 Seiten beschrieben.

Frank, ein junger Russlanddeutscher, 17 Jahre alt, polarisiert mit seinen Prinzipien und Aussagen eine deutsche Kleinstadt. Seine Aussagen über die neuere deutsche Geschichte - historisch belegt, doch politisch unerwünscht - rufen schnell das örtliche "Komitee gegen Rechts" auf den Plan. In Ermangelung historischer Kenntnisse wird Geschichte geleugnet und anstelle dessen eine Pogromstimmung erzeugt. Eine sachliche Auseinandersetzung ist nicht mehr möglich und wurde, da die Argumentation von der öffentlich erlaubten Linie abweicht, auch niemals gesucht.

Unter dem Deckmantel eines sich aufgeklärt gebenden Bürgertums, steckt die hässliche Fratze der politischen Indoktrination und die in Kauf genommene Vernichtung eines wirklich aufgeklärten Abweichlers. Der vordergründige Liberalismus des Schuldirektors entpuppt sich als ein der Karriere dienender Opportunismus.

Victor Streck hat einen wirklich packenden Jugendroman geschrieben. Viele Leser werden sich an den Duktus der vom Autor benutzten Sprache gewöhnen müssen, denn auch solchen hat man von deutschsprachigen Autoren lange nicht mehr gehört. Doch gerade dieser Schreib- und Sprachstil ist mehr als ein künstlerisches Mittel, führt er doch deutliche das Anliegen des Autors vor Augen.

In der Lebensphase von Jugendlichen die durch das Suchen der eigenen Position, durch Fragen nach dem Sinn von Dasein und der Sorge um die eigene Zukunft gekennzeichnet ist, werden sie von ihren Eltern allein gelassen, die sich einzig und allein um ihre eigene Karriere und um die Meinung des sie umgebenden gesellschaftlichen Umfeldes kümmern, die Sorgen ihrer Kinder jedoch noch nicht einmal ahnen.

Heimat ist ein Paradies ist ein gelungener Roman über Jugend in der Gesellschaft und die Frage, wie richtiges, aufgeklärtes Leben aussehen könnte. Die Fortsetzung ist für das Jahr 2010 geplant. Man darf gespannt sein.




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