Buchkritik -- José Falero -- Supermarkt

Umschlagfoto, Buchkritik, José Falero, Supermarkt, InKulturA In den Favelas von Porto Alegre, Brasilien, ist Marihuana schwer zu bekommen. Die Supermarktverkäufer Pedro und Marques verbringen ihre Tage damit, Lastwagen zu entladen, Regale aufzufüllen und von einem besseren Leben zu träumen, davon, den Kreislauf der Armut zu durchbrechen, der ihre Familien und ihre Gemeinde heimgesucht hat. Da sie die Drogendealer in ihrer Nachbarschaft gut kennen und eine Möglichkeit sehen, etwas dazuzuverdienen, beschließen sie, professionell ins Grasgeschäft einzusteigen.

Die wirtschaftlichen Hierarchien von Porto Alegre werden auf den Kopf gestellt, als die beiden Männer quasi wie aus dem Nichts ein florierendes Unternehmen aufbauen und schnell reich werden. Der Vertrieb wächst von Cent-Tüten auf Kilogramm, und Pedro und Marques beginnen, Pläne für eine Zukunft zu schmieden, in der Niedriglohnarbeit für sie und ihre Familien nie wieder eine Notwendigkeit sein wird. Doch allzu bald beginnt ihre Operation die Aufmerksamkeit von Außenstehenden auf sich zu ziehen, und Risse in ihrer sorgfältig gestalteten und scheinbar unantastbaren Welt zeigen sich, was in einem letzten, tödlichen Showdown gipfelt.

Pedro und Marques Unternehmen, tragikomisch von José Falero inszeniert, ist ein geistreiches, stimmgewaltiges und elektrisierendes Porträt der Armut und eine kluge Auseinandersetzung mit der scheinbaren Ethik des Drogenhandels und der Niedriglohnarbeit Brasiliens. Es ist ein zeitgenössischer Schelmenroman über Klassenzugehörigkeit und Kriminalität.

Pedro, der emotionale Marxist, einer, der an das Gute im Menschen, sowie an die ökonomische Gerechtigkeit, die irgendeinmal eintreten wird, glaubt, stellt mit seinem geistig etwas schwerfälligen Freund Marques eine Truppe zusammen, in der jeder den gleichen Anteil vom Kuchen erhält.

Das Paradies auf Erden, das Versprechen jeder Ideologie, nicht zuletzt der des Marxismus, ist, kaum erreicht, auch schon wieder bedroht, denn noch jede gesellschaftliche Utopie hat in ihrer weltabgehobenen Euphorie den menschlichen, allzu menschlichen Faktor ausgeblendet. So wird auch Pedro dessen Opfer in Form von gekränkter Eitelkeit eines am Rachefeldzug beteiligten Mannes.

Zum Schluss wird aus dem Apologeten des angewandten Marxismus ein Renegat und er nimmt, nunmehr fast christlich, die Sünden seiner kleinen Truppe auf sich, verweigert der Polizei die Preisgabe der Mittäter und wird den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen.




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Veröffentlicht am 19. Februar 2024