Buchkritik -- Peter Swanson -- Drei sind einer zu viel

Umschlagfoto, Buchkritik, Peter Swanson, Drei sind einer zu viel, InKulturA Henry Kimball ist eine tragische Figur. Zum Poeten unbegabt und nur mittelmäßige Limericks verfassend, als Schullehrer gescheitert und als Polizist einen schwerwiegenden Fehler gemacht, der zu seiner Entlassung führte. Jetzt, in Peter Swansons neuem Thriller „Drei sind einer zu viel“, versucht Henry, sich als Privatdetektiv zu etablieren.

Zu seinem späteren Unglück betritt eine Frau, Joan Whalen, sein Büro und beauftragt ihn, ihren Mann, einen Immobilienverkäufer, zu beschatten, denn sie glaubt, dass er eine Affäre mit einer Kollegin hat. Ihre ersten Worte an Henry lauten: „Erinnerst du dich an mich?“

Er braucht einen Moment, um die Frau einzuordnen. Als er vor Jahren Englisch an der High School unterrichtete, war sie eine seiner Schülerinnen. Sie war in seinem Klassenzimmer, als ein unbeliebter Einzelgänger eine Waffe zog, eine Klassenkameradin erschoss und die Waffe dann auf sich selbst richtete.

Irgendetwas an Joan bereitet Henry Unbehagen, trotzdem übernimmt er den Fall. Im Lauf seiner Ermittlung macht er erneut einen Fehler, denn er beginnt eine kurze Liaison mit der des Ehebruchs verdächtigen Frau, in der Hoffnung, sie dazu zu bringen, die Affäre zu gestehen.

Als er Joans Mann und seine Freundin später zu einem leerstehenden Haus verfolgt, in dem sie sich zum Sex getroffen hatten, hört er Schüsse, stürmt hinein und findet beide erschossen vor. Die Polizei spricht von einem Mord mit anschließendem Selbstmord, aber Henry wird das Gefühl nicht los, dass Joan irgendwie dafür verantwortlich ist.

Bevor die Leichen jedoch entdeckt werden, fügt Peter Swanson Rückblenden ein, in denen Joan und der zukünftige Schulschütze Richard sich in einem Resort am Meer treffen und einen Plan zur Ermordung von dessen Cousin im Teenageralter schmieden. Die komplexe Handlung voller Wendungen folgt dann der jungen Joan und Richard, die ihn im weiteren Verlauf der Handlung dahingehend manipuliert, Menschen zu töten, die sie vermeintlich gekränkt haben.

Mittendrin Henry, der zu beweisen versucht, dass die erwachsene Joan für den Liebesnest-Mord verantwortlich ist.

Die Geschichte basiert stark auf Ereignissen und Charakteren aus Swansons Roman „Die Gerechte“ aus dem Jahr 2015. Für diejenigen, die das frühere Buch gelesen haben und sich noch daran erinnern, mag der neue Roman stringent und logisch sein, andere werden sich jedoch wahrscheinlich zeitweise etwas ratlos fühlen. Das Problem verschärft sich gegen Ende, als fast aus dem Nichts die Figur Lily auftaucht und quasi die Rolle der Protagonistin übernimmt. Im früheren Buch, als Henry noch Polizist war, ermittelte er gegen diese Frau wegen Mordes an zwei Menschen, verliebte sich in sie, wurde von ihr niedergestochen und beschloss, sie trotzdem mit ihren Verbrechen davonkommen zu lassen. Für Leser, die mit dem vorherigen Roman nicht vertraut sind, kann Lilys Rolle im neuen Buch schwer zu verstehen sein.

Über allen Figuren dieses Romans liegt eine latente Melancholie. Sie sind Getriebene ihrer persönlichen Vorstellungen von Gerechtigkeit und moralische Skrupel für alle Beteiligten bestenfalls ein hinderliches Fremdwort.

Einmal mehr führt Swanson seine Leserinnen und Leser in ein Panoptikum aus verletzter Eitelkeit, manipulativem Verhalten und obsessivem Hass, der nur oberflächlich durch Selbstjustiz gerechtfertigt wird.




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Veröffentlicht am 11. Februar 2024