Buchkritik -- Tom Buk-Swienty -- Schlachtbank Düppel

Umschlagfoto  -- Tom Buk-Swienty  --  Schlachtbank Düppel Die Schlacht um die Düppeler Schanzen ist bis heute ein nationales Trauma im historischen Gedächtnis Dänemarks geblieben, während sie in Deutschland nahezu vollkommen in Vergessenheit geraten ist. An den Düppeler Schanzen tobte am 18. April 1864 die Entscheidungsschlacht im Deutsch-Dänischen Krieg. Infolge der Niederlage verlor Dänemark Schleswig und Lauenburg an Preußen und musste das Herzogtum Holstein Österreich überlassen.

Obwohl es über diese Schlacht, die im Kontext europäischer militärischer Auseinandersetzungen eher klein zu nennen ist, mehr als 3000 Bücher gibt, hat Tom Buk-Swienty das Wagnis unternommen, die Geschehnisse des 18. April 1864 noch einmal Revue passieren zu lassen. Aus den Berichten, Briefen und überlieferten Aussagen von Beteiligten stellt er ein Panorama zusammen, das an Eindringlichkeit und Plastizität kaum zu überbieten ist.

Der Autor lässt Offiziere, einfache Soldaten, Sanitäter, Feldärzte und Kriegsberichterstatter zu Wort kommen und formuliert daraus mit literarischer Perfektion einen Überblick ähnlich einem Drehbuch über diese, für Dänemark so blutige Niederlage. Buk-Swienty verzichtet wohlweislich auf eine moralische Wertung und lässt anstelle dessen die unmittelbar Beteiligten zu Wort kommen. So wird der Leser Zeuge vom ersten Einsatz des Roten Kreuzes, das sich von diesem Datum an auf den Schlachtfeldern Europas für die Versorgung und die medizinische Betreuung von Verletzten zuständig erklärte.

Jede Reflexion darüber, dass kriegerische Auseinandersetzungen brutal und unmenschlich sind, hat zwangsläufig den Charakter einer Trivialität. Natürlich ist ein Krieg schrecklich und grausam. Das wissen nicht nur die Beteiligten. Buk-Swienty versteht es jedoch, den immanenten Wahnsinn literarisch auf die Spitze zu treiben. So ist dann auch die Schilderung des preußischen Musikdirektors Gottfried Piefke, der, in unmittelbarer Nähe zum Schlachtgeschehen, die Kombattanten mit schmissigen Militärmärschen unterhielt, in Wahrheit ein Zynismus, der unvermittelt in brutalen Nonsens umschlägt.

Spätestens an dieser Stelle schlägt die literarische Reportage um in eine geradezu tragische Komik, die mehr über das Wesen des Krieges als "eine bloße Fortsetzung der Politik unter Einbeziehung anderer Mittel" (Carl von Clausewitz) aussagt, als jeder noch so gut gemeinte pazifistische Ratschlag.

Tom Buk-Swienty ist es mit seinem Buch Schlachtbank Düppel gelungen, historische Dokumente in eine literarisch ästhetisierende Form zu bringen. Das ist durchaus ambivalent, zeigt sie doch die unglaubliche Bandbreite menschlicher Emotionen im Angesicht des drohenden Todes und den schmalen Grat zwischen Normalität und Wahnsinn, der als Firnis über der zivilisatorischen Selbstzufriedenheit des Menschen liegt. So konnten die Offiziere und die Mannschaften sich sehr wohl an der Schönheit und dem augenscheinlichen Frieden des Morgens vor der Schlacht erinnern, trotzdem jedoch bei den folgenden Kämpfen jede Grenze der Menschlichkeit überschreiten und in einen Taumel aus Gewalt, Blut und Irrsinn geraten.

Schlachtbank Düppel aus der Feder von Tom Buk-Swienty ist ohne Zweifel eines der großen literarischen Ereignisse dieses Jahres.




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