Buchkritik -- Michel Houellebecq -- Unterwerfung

Umschlagfoto, Michel Houellebecq, Unterwerfung, InKulturA Fressen und Ficken, die einzigen Beschäftigungen, die den letzten Menschen, diese von Nietzsche prophezeite Unperson am Ende der europäischen Geschichte interessieren. Michel Houellebecq, nüchterner Analyst des Zeitgeistes, erzählt mit der Figur des Francois über die kampflose Preisgabe europäischer Werte zugunsten einer islamischen Machtübernahme in Frankreich.

Sein Protagonist ist der typische Vertreter eines leeren Intellektualismus, der, geschützt wie ein künstliches Biotop, nur im realitätsfernen akademischen Bereich überleben kann. Literaturwissenschaftler und Mitte vierzig, gilt er als Experte für den Schriftsteller Joris-Karl Huysmans, was außerhalb des Intellektuellenzirkels niemand interessiert. Der Sinnleere seiner Existenz bewußt, verbringt Francois sein Leben kettenrauchend und permanent alkoholisiert, seinen sexuellen Trieb abwechselnd mit jungen Studentinnen und gegen Bares zu allem bereiten Damen vom Escortservice befriedigt, darüber hinaus jedoch desinteressiert an seiner sozialen Umwelt ist.

Als nach dem zweiten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen die Sozialisten, zur Verhinderung des sich abzeichnenden Siegs des Front National, den sich liberal gebenden Moslem Mohammed Ben Abbes unterstützen, gewinnt dieser die Wahl und Frankreich sieht sich gravierenden Veränderungen unterworfen, die, so erzählt es Houellebecq mit deutlich spürbarem Ekel, von der Gesellschaft nahezu unwidersprochen hingenommen werden.

Aus dem Universitätsbetrieb verschwinden weibliche Lehrkräfte, parallel dazu wird die Erwerbstätigkeit der Frauen abgeschafft und das als Verringerung der Arbeitslosenquote gefeiert. Bekleidungsvorschriften für Frauen werden eingeführt und für die dramatische Verringerung von Straftaten sorgt die Schariajustiz. Die Polygamie wird legalisiert und das allgemeinbildende Schulwesen endet jetzt im Alter von 12 Jahren. Jede weiterführende Ausbildung muss privat finanziert werden. Kurzum, die Gesellschaft wird unter islamischen Bedingungen neu strukturiert.

Obwohl Houellebecq in seinem Roman mit nahezu leidenschaftsloser Diktion erzählt, spürt der Leser auf jeder Seite die Verachtung, die der Autor gegenüber einem Europa, das nicht mehr an seine unter langen Kämpfen erreichten historischen Freiheiten glaubt, entgegenbringt. Die individuelle Freiheit von Religionszwang und politischer Unterdrückung wird kampflos aufgegeben und einem immer mächtiger auftretenden Islam das Recht zur Herrschaft eingeräumt, ja geradezu freiwillig überlassen.

Als es im Roman 2022 zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt, werden die - Achtung Realitätsbezug! - Ausschreitungen von den Medien kurzerhand verschwiegen, um den Rechten Parteien keine Gelegenheit zur Profilierung zu geben und damit die Wirklichkeit selbst als politisch unkorrekt erklärt.

Natürlich konvertiert Francois, der vollendete akademisch-intellektuelle Mitläufer, zum Islam. Weniger aus religiösen Gründen, sondern vielmehr der Tatsache geschuldet, dass es nunmehr möglich ist, bis zu vier Frauen zu heiraten und damit die sexuelle Verfügbarkeit des weiblichen Geschlechts von einer kranken männlichen Phantasie in eine noch viel kränkere Realität zu transformieren, in der 15-jährige Mädchen wie mehr oder weniger willige Sexobjekte bzw. Ehefrauen, wie sie jetzt im islamisch geprägten Frankreich heißen, die sexuellen Wünsche der Männer befriedigen.

Neben dem unverhohlenen Ekel, mit dem Houellebecq den Zeitgeist widerspiegelt, ist der Roman eine unvergleichliche Satire auf den freiwilligen Abgesang des Westens, der klanglos im Meer islamischer Expansion untergeht. Das die Islamisierung ausgerechnet als ersten europäischen Staat Frankreich trifft, das Land, dem es mit der Französischen Revolution gelang, sich vom Joch des Absolutismus zu befreien, ist eine besonders pikante Note.

Selten ist ein Roman solcherweise zum Spiegel der gesellschaftlichen Realität geworden, wie Michel Houellebecqs "Unterwerfung". Wenn er z. B. Rediger, den neuen Präsidenten der Sorbonne, die jetzt natürlich mit saudi-arabischem Geld üppig alimentiert wird, sagen lässt, "dass der Gipfel des menschlichen Glücks in der absoluten Unterwerfung besteht.", dann kann der Leser angesichts der real drohenden Landnahme durch die, politisch natürlich immer negierte, Islamisierung Europas nur den Kopf schütteln.

Nicht umsonst ist Islam gleichbedeutend mit Unterwerfung. Doch das wollen weder die Politiker noch die Intellektuellen in ihren Elfenbeintürmen hören.




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Veröffentlicht am 5. April 2015