Buchkritik -- Michael Roes/Hinderk Emrich -- Einige widersprüchliche Anmerkungen zur Vergeblichkeit der Liebe

Umschlagfoto, Michael Roes/Hinderk Emrich, Einige widersprüchliche Anmerkungen zur Vergeblichkeit der Liebe, InKulturA Die Liebe, untersucht man diesen vielschichtigen Begriff in seinem philosophisch-hermeneutischen Kontext, besitzt eine so schillernde und schier unerschöpfliche Inkommensurabilität, dass es schwer, ja nahezu unmöglich ist, zu einer konsensfähigen Vokabel zu gelangen.

Liebe verweist, als wollte dieses Wort diejenigen verspotten, die es in den Mund nehmen, mit unausweichlicher Dramatik auf andere Konnotation, die es schwer machen, diesem Terminus eine eindeutige und festschreibende Vorstellung zuzuschreiben. Liebe und Freiheit, Liebe und das Leiden an ihr, Liebe und Einsamkeit, Liebe und Verlust, das sind nur einige der Möglichkeiten, sich diesem Wort zu nähern.

Michael Roes und Hinderk Emrich haben den Versuch unternommen, die Liebe unter Zuhilfenahme literarischer, filmischer und musikalischer Beispiele zu deuten. In einem anregenden Briefwechsel umkreisen sie die Liebe, versuchen sie, wie die Jäger ihre Beute, zur Strecke zu bringen - und erreichen doch nur eine Annäherung.

Das ist, deutlich gesagt, beileibe kein Manko, denn, gesetzt den Fall, wir wüßten die genaue, eindeutige Definition von Liebe, wäre es vorbei mit dem Faszinosum gegenseitiger Anziehung.

So entwickelt sich denn zwischen dem jüngeren Michael Roes, Jahrgang 1960, ein dem Phänomen Liebe mit Zweifel und Vorsicht sich Näherndem und dem älteren Hinderk Emrich, Jahrgang 1943, der abgeklärt und weise, auf alle Fälle beruhigend, die Spielarten und Manifestationen der Liebe kommentiert, eine Korrespondenz, die den Leser teilhaben lässt an der manchmal harten Arbeit, dem Kuriosum Liebe auf die Spur zu kommen.

Es ist das besondere Kennzeichen unseres Jahrhunderts, dass der Mensch sich fremd geworden ist. Ehemals Bekanntes und Gewohntes, leider auch Bewährtes und Verlässliches hat sich längst im Nebel der Beliebigkeit aufgelöst. Diese Tatsache, man mag sie begrüßen oder nicht, betrifft auch den Begriff der Liebe.

Die, nennen wir sie romantische Liebe, hat anscheinend ihre Halbwertzeit längst überschritten und sich in ein kapitalistisch-pornografisches Kosten-Nutzen Modell verwandelt. Sex sells, so die Devise einer aus dem Ruder gelaufenen Marketingindustrie, die damit in Wirklichkeit doch nur auf die gesellschaftlichen und sozialen Schwingungen reagiert.

In Zeiten permanenter Krisen, und die Beziehungen der Geschlechter sind davon nicht ausgenommen, im Gegenteil, sie sind gerade Paradigmen für die im Schwange sich befindende Fragwürdigkeit der Umstände, ist es keine leichte Aufgabe, dem Begriff Liebe Konsistenz und Gestalt zu verleihen.

So bewegt sich der Briefwechsel zwischen Roes und Emrich in konzentrischen Kreisen um sein Thema, kann und darf das Zentrum jedoch nicht erreichen. Denn, Hand aufs Herz, ist es wirklich wünschenswert eindeutig zu wissen, was Liebe ist? Liegt nicht gerade in den unendlichen Möglichkeiten und Erscheinungsformen der Liebe ihr zeitloser Reiz und die große individuelle Herausforderung?

"Einige widersprüchliche Anmerkungen zur Vergeblichkeit der Liebe" nähert sich dem Phänomen Liebe, zeigt damit aber auch, wie viel mehr unausgesprochen bleiben muss. Das Gespräch zwischen Michael Roes und Hinderk Emrich bringt auf alle Fälle ein wenig Ordnung ins Chaos der Liebe. Das ist schon mal eine ganze Menge.




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Veröffentlicht am 21. Juni 2015