Buchkritik -- Werner Becher -- Weicheier machen nicht satt

Umschlagfoto  -- Werner Becher  --  Weicheier machen nicht satt Wir leben in schwierigen Zeiten und Karriere machen ausschließlich diejenigen, die im Mainstream der Beliebigkeit mitschwimmen. Ohne eigenen Standpunkt und zudem ohne großes Selbstwertgefühl vermeiden sie Konfrontationen und verzichten in der Regel darauf, aktiv an der so dringend benötigten Neuordnung des politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens teilzunehmen.

Für den österreichischen Unternehmer Werner Becher Grund genug dieser modernen Spezies ein Buch zu widmen. Weicheier machen nicht satt , so der Titel dieser Polemik gegen die Sorte Mensch, die, anstatt das Heft in die Hand zu nehmen und bereit dazu ist, Verantwortung für sich selber zu tragen, lieber darauf wartet, dass "Mutti Staat" die Dinge für sie regelt.

Diese Abrechnung mit Feiglingen, Mitläufern und Ja-Sagern, so der Untertitel des Buches, hält sich mit ihrer Kritik nicht diplomatisch oder politisch korrekt zurück, sondern spricht Tacheles. Macht die Politik, machen wir so weiter, dann ist der Zusammenbruch des demokratischen Systems vorprogrammiert. Bereits jetzt tauchen am politischen und sozialen Horizont die Warnzeichen auf, die jedoch von den vom Autor beschriebenen Weicheiern anscheinend nicht erkannt werden.

Es gilt die Devise "Weiter so wie bisher". Da verwundert es auch nicht, dass der Lieblingsausdruck der Weicheier das Wort "Alternativlos" ist. Benutzt es nicht sogar die Deutsche Bundeskanzlerin Merkel immer wieder, wenn es um die Rettung von zahlungsunfähigen EU-Mitgliedsstaaten geht? Wer in solchen Kategorien denkt, so Becher, der ist nicht dazu in der Lage, die anstehenden Probleme zu lösen. Minenfelder ortet der Autor an zahlreichen Stellen. Sozial-, Integrations- und Wirtschaftspolitik sind genauso das Ziel seiner harschen Kritik des Bestehenden, wie auch das Verhältnis zwischen dem Bürger - der erst noch seine Mündigkeit unter Beweis stellen muss - und dem Staat.

Werner Becher beschränkt sich in seiner Philippika nicht nur auf eine Beschreibung des Ist-Zustandes, sondern er macht konkrete und schmerzhafte Vorschläge, wie man das Ruder noch herumreißen könnte. Deren Quintessenz besteht in der Forderung an jeden Einzelnen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, anstatt auf die Wohltaten des Staates zu warten. Seit Jahrzehnten haben Bürger das Mäzenatentum des Staates wohlwollend für sich beansprucht, ohne zu bemerken, dass sie im Gegenzug sukzessive ihre bürgerlichen Freiheiten verloren haben.

Der Autor plädiert für eine radikale Lösung: Rückzug des Staates aus allen Angelegenheiten, welche die Bürger privatvertraglich regeln können und rechnet auch gleich den finanziellen Vorteil aus, wenn sich die Bürger die Hoheit über ihr eigenes Leben zurückerobern würden. Anstelle der Gängelbänder, die unter vielen Namen laufen - staatliches Schulsystem, staatliche Arbeitslosenversicherung, gesetzliche Krankenversicherung, etc. - würde, so Werner Becher, unter dem Strich mehr Qualität bei weniger Kosten und dem gleichzeitigen Wegfall von Bürokratie herauskommen. So lässt z. B. seine Aussage über die gesetzliche Rentenversicherung den ganzen Schwachsinn staatlicher Eingriffe plastisch werden: "Da die Bezeichnung «Pyramidenspiel» bei den Wählern nicht wirklich gut angekommen wäre, hat man ihr einfach den lieblichen Namen «Generationenvertrag» gegeben". Das sitzt!

Da es im deutschsprachigen Raum nur so von Weicheiern wimmelt, ist der Realisierung der Vorschläge des Autors jedoch eine biologische und psychologische Grenze gesetzt. Käme doch die Umsetzung seiner Ideen einer vollständigen Neustrukturierung des bestehenden Systems gleich. Das können die Weicheier, die der Autor konsequenterweise sowohl bei den normalen Bürgern, als auch bei Politikern, Unternehmern und Managern verortet, nicht dulden. Zu viele verdienen derzeit noch an den bestehenden Verhältnissen. Werner Becher verweist hier zurecht auf die überbordende Sozialindustrie hin, die mit ihren vielen - abhängig von staatlichen Geldern - Beschäftigten, kein Interesse daran hat, dass die Bürger ihr Leben selbstbewusst bestimmen können. Auch die Sorte Manager, die permanent nach staatlichen Hilfen - Subventionen - ruft, zählt verständlicherweise nicht zu den Lieblingen des Autors.

Die Maxime Kants "Habe Mut Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen" hat aktuell leider keine große Konjunktur. Das bedauert nicht nur der Autor, dessen Schlusskapitel dann auch folgerichtig vor dem drohenden "starken Mann" warnt, der sich ohne Zweifel erheben wird, wenn sich die Erosion der Gesellschaft nicht stoppen lässt. Und dieser wird erst recht keinen Wert auf den mündigen Bürger legen.




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