Buchkritik -- Michael Wolffsohn, Meine Juden - Eure Juden

Umschlagfoto  -- Michael Wolffsohn  -- Meine Juden - Eure Juden Das Verhältnis zwischen Deutschen und Juden ist getrübt durch die Vorgänge und Geschehnisse des Nationalsozialismus. Darüber besteht zwischen beiden, Juden und Deutschen, keine Frage. Wohl aber bedarf es der drindenden Klärung des Umgangs miteinander.

Wolffsohn beschreibt in seinem Buch "Meine Juden - Eure Juden" die Probleme und Animositäten auf beiden Seiten, die bisher verhindert haben, das, wenn schon aufgrund der Geschichte kein normales, aber doch wenigstens ein unverkrampftes Miteinander entstehen kann.

Im allgemeinen unüblich, kann es diesmal von Nutzen sein, sich mit dem Ende des Buches zuerst zu beschäftigen. Es sind wenige kurze, aber treffende, wie Wolffsohn es ausdrückt: "Gedankensplitter und Erinnerungsfetzen", welche die gesamte Problematik dieses Themenkomplexes umschreiben. Der Autor macht die zutreffende Beobachtung: "Ein nicht ganz kleiner Teil der deutschen Öffentlichkeit, Politik, Medien und Kultur ist fast süchtig, mit der vermeintlich Ewigen Schuld der Deutschen belastet zu werden" (S.226). Besser und genauer kann man die Verwirrung im Umgang miteinander nicht beschreiben.

Vergessen wir nicht die Tatsache, das es, so sieht es auch Michael Wolffsohn, ausschließlich der Umgang zwischen Deutschen ist, der zumindest auf Seiten der nicht dem jüdischen Glauben angehörenden Deutschen wohl ein Problem darstellt. Das bedeutet, das es sich bei der Kommunikation zwischen Deutschen jüdischen Glaubens und Deutschen eines "X-Glaubens", immer um Kommunikation zwischen "Deutschen" handelt. Diese Tatsache scheinen beide Seiten manchmal zu vergessen.

Wolffsohn hält geschickt sowohl der einen, als auch der anderen Seite den Spiegel vor. Er schildert Momentaufnahmen des Scheiterns von Kommunikation, von Ressentiments, von Animositäten und von Verlogenheit. Deshalb ist dieses Buch bestens dazu geeignet, sich von Denkfehlern zu befreien und zu versuchen, trotz- oder gerade wegen der Geschichte, zu einem vorurteilsfreien Miteinander zu gelangen.

Die Säkularisierung, bzw. die Verwischung des Glaubens stellt, so der Autor, für Deutsche, Engländer oder Franzosen keine substantielle Gefahr, wohl aber für Juden. "Was sind Juden ohne Judentum? Eine Minderheit mit einer gewissen Folklore" (S. 113). Wolffsohn stellt fest, das über 80% der Diasporajuden nicht religiös sind, d. h. für diesen Personenkreis besteht die jüdische Geschichte nicht aus ca. 4000 Jahren, sondern der zentrale Identifikationspunkt ist der Holocaust. "Aus sehr verständlichen Gründen wird bei uns Juden die Geschichte auf die Zeitgeschichte reduziert; in erster Linie auf den Holocaust" (S. 211).

Hier trifft sich Wolffsohn argumentativ mit Finkelstein, der ebenfalls behauptet, das der Holocaust instrumentalisiert, also in den Dienst einer bestimmten Interessengruppe gestellt wird.

Wolffsohn hat ein wichtiges und machmal erfrischend polemisches Buch geschrieben, das innerhalb der jüdischen Gemeinschaft wegen seiner Thesen äußerst umstritten ist, sich in der Aussage aber klar für eine auf beiden Seiten von Ressentiments und Animositäten freie Diskussion und ein annähernd "normales" Miteinander ausspricht.




Meine Bewertung:Bewertung