Buchkritik -- Frances Wood -- Marco Polo kam nicht bis China

Umschlagfoto  -- Frances Wood  --  Marco Polo kam nicht bis China War Marco Polo in China, oder ist sein Reisebericht eine Schilderung aus zweiter Hand? Dieser Frage geht die Autorin Frances Wood in ihrem Buch "Marco Polo kam nicht bis China" nach. Wie sie das macht ist, um es gleich vorweg zu sagen, angelsächsisch-brillant. So ausführlich wie nötig und so beweisbar wie möglich, untermauert sie ihre Theorie, das Marco Polo überhaupt nicht in China gewesen ist.

Um es diesem, immer noch äußerst empfehlenswerten Buch gleichzutun, die Thesen von Frances Wood in gleichfalls kurzer Form. Gegen die allgemeine Auffassung von Polo als Chinareisendem stellt Wood folgende Beweise auf:
1. Marco Polo erwähnt in seinem Bericht nicht die so andersartige chinessiche Schrift.

2. Der in China getrunkene Tee wird von ihm nirgends beschrieben.

3. Die geschnürten Füße der chinesischen Frauen sind ihm nicht bekannt.

4. Eßstäbchen werden nicht erwähnt.

5. Die chinesischen Mauer wird an keiner Stelle beschrieben.

Dafür, so Wood, daß Marco Polo 17 Jahre am Hof des Chinesischen Kaisers gedient haben will, sind es schwerwiegende Dinge, die er nicht berichtet. All dies nährt den Zweifel daran ob Marco Polos Reisebericht authentisch ist, oder ob er nur das aufschreiben ließ, was er von seinem Vater und seinem Onkel gehört hatte, niemals aber selber gesehen hatte.

Auch wenn Marco Polo nicht der Urheber des Reiseberichts sei, so ändert es jedoch nichts an seiner Bedeutung für das beginnende Interesse, das der Westen am fernen Osten zeigte. Im Gegenteil: Wood stellt ausdrücklich klar, das es gerade die Leistung Polos ist, unabhängig davon ob er es wirklich erlebt hat, oder nicht, daß sich ein reger Verkehr zwischen West und Ost entwickelte.

Das Buch von Frances Wood ist ein mustergültiges Beispiel dafür, wie angelsächsische Forschung aussieht, wie Forschung generell aussehen sollte. Eine These wird aufgestellt und die notwendigen Beweise werden knapp und präzise aufgeführt. Deutsche, fast immer sehr kopflastige Forschung kann sich an solchen Werken nur ein Beispiel nehmen.

Unabhängig davon ob die These von Frances Wood richtig ist oder nicht, ist dieses Buch eine äußerst kurzweilige und interessante Lektüre. Die Beweise welche die Autorin anführt sind schlüssig und das Ergebnis klingt zumindest für den wissenschaftlichen Laien plausibel. Allein das ist schon eine großartige Leistung der Verfasserin.




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