Buchkritik -- Wolf Schneider -- Der Mensch

Umschlagfoto  -- Wolf Schneider  --  Der Mensch Eine rasante Entwicklung hat die Spezies Mensch zurückgelegt. Trotzdem nimmt sie auf der absoluten Zeitskala des Planeten Erde nur eine verschwindend geringe Zeitspanne für sich in Anspruch. Wolf Schneider hat diesen, erdgeschichtlich gesehen, wenigen Minuten sein monumentales Buch Der Mensch gewidmet.

Er nimmt den Leser mit auf einen Parforceritt, der eine Karriere, so der Untertitel, besser noch, die Entwicklungsgeschichte der Menschheit auf über 400 Seiten nachvollzieht und sie plastisch schildert. Es ist nicht das Anliegen des Autors mit absoluten Jahreszahlen zu reüssieren, sein Thema ist die spannende Frage, warum wir so wurden wie wir sind und was aus uns werden wird.

Der Mensch, so Schneider, ist niemals der edle Wilde gewesen, als den sich rückwärts gewandte Utopisten ihn vorgestellt haben, sondern ein Raubtier, das erst im Lauf der Jahrtausende gelernt hat, sich mit einer dünne Schicht Zivilisation zu umhüllen. Im Grunde seines Wesens ist er barbarisch geblieben. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Wer jetzt denkt, dass Wolf Schneider ein pessimistisches Buch geschrieben hat, der irrt sich. Er nennt die Dinge beim Namen, vermeidet jedoch die Verbreitung von Endzeitstimmung. Hierin unterscheidet er sich wohltuend von den aktuellen Panikmachern und hektischen Aktionisten. Gleichwohl legt er seinen Finger in die offene Wunde des Menschen, seine Gewalttätigkeit. Im Lauf seiner kurzen Geschichte hat er sich sowohl die Natur, den Planeten, als auch seinesgleichen untertan gemacht. Die Welt wurde von weißen Europäern unterworfen. Indigene Völker, wie z. B. die Maya in Mittelamerika und die Indianer Nordamerikas wurden ausgelöscht. Der christliche Glaube nicht immer gewaltlos verbreitet.

Dem Mensch ist es gelungen, seinen Planeten, das Raumschiff Erde, auszuplündern, sich rapide zu vermehren, sich durch Kriege wieder zu dezimieren, die Ressourcen gedankenlos zu verschwenden und scheinbar seine Zukunft zu gefährden. Die Frage nach dem Grund für dieses Verhalten beantwortet der Autor lapidar mit der Tatsache, dass wir es machen, weil wir es können. Dem kann man nichts entgegensetzen, denn die Natur unserer Spezies ist es nun einmal, die Dinge, die im Bereich des Möglichen liegen, auch zu tun. Mit dieser Tatsache müssen wir uns, so Schneider, einfach abfinden.

Der Autor scheut nicht davor zurück provokante Fragen zu stellen. Leben zuviele Menschen auf der Erde? Will die Erste Welt wirklich, dass alle anderen ebenfalls auf deren Niveau leben? Sind diejenigen, die vom Reichtum der Welt profitieren - damit meint er uns alle - dazu bereit, auf einen wesentlichen Teil dessen zu verzichten? Kann man es den kommenden Generationen in Indien und China verbieten, der westlichen Wegwerfgesellschaft nacheifern zu wollen?

Die Probleme sind zweifellos vorhanden und bedürfen dringend einer Lösung. Trotz allem jedoch gibt es für Wolf Schneider keinen Grund zur Verzweiflung. Bislang ist es dem Menschen immer noch gelungen, auf die anstehenden Probleme eine befriedigende Antwort zu finden. Seit dem Augenblick, als unsere Vorfahren von den Bäumen stiegen, führten sie zwar Krieg gegeneinander, aber es gelang ihnen auch Unvorstellbares zu leisten. Kunst, Architektur, Philosophie und Wissenschaft hätte es nicht gegeben, wenn aus dem Menschen ein friedlicher Wiederkäuer geworden wäre.

Wir alle haben nun einmal den Januskopf des strebenden Bewußtseins, mal zum Guten, öfter jedoch zum Schlechten und deshalb fällt das Fazit, welches Wolf Schneider zieht, durchaus positiv aus: "Leben lohnt sich. Tun wir was, damit die Erde denen, die nach uns kommen, noch eine Weile eine Bleibe ist."

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