Buchkritik -- Ronald Thoden (Hg.) -- Terror und Staat

Umschlagfoto  -- Ronald Thoden (Hg.)  --  Terror und Staat Der 11. September 2001 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der westlichen Welt. Die Terroranschläge waren der, vordergründige, Auslöser für den "Kampf gegen den Terror" unter US-amerikanischer Führung. Wenn man die Details und die offenkundigen Lügen offizieller Stellen und der Medien zum Ablauf und den verantwortlichen Tätern beiseite liegen läßt, diese Fakten werden in vielen Büchern sehr detailliert beschreiben, so bleiben doch einige bohrende Fragen übrig. Wie sieht die Reaktion der sog. "Freien Welt" auf diese Anschläge aus? Könnte eine, wie schon ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, Mitwisserschaft oder gar Beteiligung von Regierungsmitgliedern eine Rolle gespielt haben? In wessen Interesse, bzw. wofür kämpft die strategische Allianz gegen den Terror?

Ronald Thoden läßt in dem von ihm herausgegebenen Buch Terror und Staat verschiedene Autoren zu Wort kommen, deren Anliegen es ist, die Beweggründe und Motive der US-amerikanischen Regierung vor und nach den Terroranschlägen zu untersuchen. Kennzeichend für die Autoren dieser Anthologie ist die, im Gegensatz zur argumentativen Einseitigkeit maßgeblicher Medien, kritische Betrachtungsweise der Ereignisse, ihrer Folgen, aber auch ihrer historischen Ursachen. Die Verbrechen des 9/11 bleiben bewußt außen vor, denn die Lektüre darüber ist zahlreich und die wesentlichen Fragen noch ungeklärt. Den in diesem Buch vertretenen Autoren geht es im wesentlichen um die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Folgen der Anschläge. Denn eines ist klar: die Welt wird sich durch diese Terrorangriffe ändern.

Im ersten Teil untersucht z. B. Nafeez M. Ahmed, dessen Buch Geheimsache 9/11 auf diesen Seiten bereits besprochen wurde, die Strategien der USA seit dem Ende des 2. Weltkriegs. Sein Fazit lautet: Immer waren die politischen Intentionen und Ziele eng mit denen der Wirtschaft verknüpft. Der US-amerikanische Kapitalismus forderte stets neue Absatzmärkte und die Eliminierung ideologischer Gegner. Unter dem Deckmantel des Kampfes für Frieden und Freiheit wurden unliebsame, weil die Gewinnmaximierung bedrohende Bestrebungen, bekämpft. US-amerikanische Interventionen in Mittelamerika, im Persien und Vietnam belegen dies. Der "American Way of Life" fordert außerdem eine permanente und gesicherte Versorgung mit billiger Energie, sprich Erdöl, um dessen Verfügbarkeit schon jetzt unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terror ein Krieg geführt wird.

Im zweiten Kapitel beschäftigen sich die Autoren, darunter Noam Chomsky, Regine Igel, Michael Opperskalski, u. a. mit dem Phänom des Staatsterrorismus. Regine Igel zeigt dies anhand der Beteiligung von CIA und rechtsextremer Kreise im italienischen Terrorismus der 70er Jahre. Michael Opperskalski weist auf die Instrumentalisierung des Terrorismus hin, dessen bloße Androhung schon für ein diffuses Sicherheitsbedürfnis sorgt, dem die Regierenden natürlich gerne auf ihre Weise nachkommen. Noam Chomsky geht sehr polemisch der Frage nach, wo denn eigentlich die Grenzen zwischen "gutem" Terror, im Namen des Staats und "bösem" Terror, verübt von extremistischen Organisationen liegen? Für die einen ist es ein Freiheitskampf, für die anderen ist es Terror. Die Beteiligten können ihre Positionen beliebig wechseln, das Ergebnis ist stets identisch.

Mit der, umrühmlichen, Rolle der Medien zum Thema 9/11 befäßt sich das dritte Kapitel des Buches. Eckart Spoo zeigt z. B. wie sehr die Kritiker der offiziellen Darstellung von ihren eigenen Kollegen diffamiert wurden, wie sehr sie als "Spinner", "Spökenkieker", oder "Paranoiker" abgetan wurden. Nicht das Argument zählte, sondern nur die Beleidigung. Bis heute gibt es keine nennenswerte, kritische Aufarbeitung der Ereignisse des 9/11. Der Einzige, der es in den Deutschen Medien versucht hat, war Gerhard Wisnewski. Das Resultat bestand in seinem Rauswurf beim WDR. Auf seine Bücher Operation 9/11 und Mythos 9/11 wird an dieser Stelle noch einmal besonders hingewiesen.

Das vierte Kapitel zeigt mit in der Sache unterschiedlichen, doch im Tenor gleichartigen Beiträgen, wie sehr sich die Welt unter dem Schatten des "Kampfes gegen den Teror" schon verändert hat. Das Völkerrecht und das Verbot der Folter wurde, wie Dieter Elken zeigt, ausgehebelt und wie im Fall des Angriffs auf den Irak auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Das Recht hat von jetzt an wohl nur noch der Stärkere, sprich die USA. Wen sie als "Schurkenstaat" deklarieren, der sollte besser aufpassen, denn unversehens stehen Besatzungstruppen in seinem Land. Schöne neue Welt!

Wer sich über die Hintergründe, aber auch die Abgründe US-amerikanischer Realpolitik informieren will und wer schon lange das Gefühl nicht los wird, daß ihm unsere Medien einen großen Teil der Realität verschweigen, der sollte dieses Buch lesen. Jeder einzelne Beitrag darin ist absolut lesenswert.




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